Der Wochenendkrimi
: Ohne Libido

„Wilsberg – Schuld und Sünde“, Sa., 20.15 Uhr, ZDF

Deutschland ist ein kleines Land, krimitechnisch betrachtet. Hier wimmelt es von Ermittlern, es wird immer enger. Besonders deutlich wird das in der ZDF-Serie „Wilsberg“, die ja in der gleichen, nicht sehr großen Stadt spielt wie einer der WDR-„Tatorte“: Münster. Es ist also nicht einfach, den Überblick zu bewahren, zumal in „Wilsberg“ Schauspieler agieren, die bislang noch weitere Krimi-Verpflichtungen pflegten: Leonard Lansink (Foto), der die schnüffelnde Titelfigur verkörpert, sah man regelmäßig in „Ein starkes Team“, Rita Russek, die dem Detektiv als Kommissarin in die Parade fährt, kennt man aus dem Stuttgarter „Tatort“. Beide Engagements, so hört man, sollen auslaufen. Der Wiedererkennbarkeit von „Wilsberg“ kann das nur zugute kommen.

Letzten Samstag sah man Lansink zum Abschied im „Starken Team“ als Kripo-Beamten bei einer Observation mit dem Feldstecher in Frauenwohnungen rumspannern. Seinen Wilsberg spielt er indes mit unantastbarer Lauterkeit – gerade in Bezug aufs andere Geschlecht. Keine Libido, nur Gerechtigkeitstrieb leitet den Detektiv. Ewig klamm und kummerzerknautscht kommt dieser Münsteraner Marlowe daher, keine Bigotterie der katholischen Enklave bleibt ihm verborgen. Wilsberg mag die Frauen. Doch die arbeiten in der aktuellen Folge (Regie: Buddy Giovinazzo, Buch: Ulli Stephan) entweder als Huren oder sind mit den Männern verheiratet, die zu diesen Huren gehen oder sie gar ermorden. Das ist die Gesetzmäßigkeit dieses streckenweise etwas formelhaften Kleinstadtkrimis, in dem jeder mit jedem verbandelt ist. Wilsbergs Freund Manni (Heinrich Schafmeister), der freundliche Stadtverwalter, denkt derweil darüber nach, wie die Kommune lukrativer mit dem Thema Prostitution verfahren könnte: Sollte man nicht einem jungen Bordellbesitzer mit einem Kredit unter die Arme greifen? Da ist er dann, der possierlich-perfide Charme der Provinz, für den man die Serie durchaus schätzen kann. CHRISTIAN BUSS