Drei Morde in sechs Jahren

„OFENMORD“-PROZESS Neu aufgerollt werden musste der Mord an einem Bremer Kaufmann vor 13 Jahren. Das Landgericht verurteilte den Angeklagten Tim S. wegen Beihilfe zu einer Gefängnisstrafe

Zu 15 Jahren wegen erpresserischen Menschenraubs und Beihilfe zum Mord in zwei Fällen verurteilte das Bremer Landgericht gestern den 38-jährigen Tim S. Verhandelt wurde der Mord an dem Bremer Kaufmann Reinhard W., der 1996 erschossen worden war. Für diesen Mord war S. bereits 2004 zu einer lebenslangen Haftstrafe mit besonderer Schwere der Schuld verurteilt worden. Das Urteil wurde aufgrund mangelnder Beweise vom Bundesgerichtshof aufgehoben. Im Revisionsverfahren vor dem Landgericht wurde nun nach nur zwei Verhandlungstagen ein milderes Urteil gesprochen.

Im März 1996 war der damals 47-jährige Reinhard W. erschossen in seinem Auto auf einem Parkplatz an der Bremer Uni gefunden worden. Die Tat konnte erst fünf Jahre später nach einem weiteren Mord – dem so genannten „Ofenmord“ – aufgeklärt werden: 2001 hatte Tim S.’ Freund Till Hauke H. eine Frau aus Bremen in einer Feriensiedlung in Mecklenburg-Vorpommern ermordet, die Leiche gemeinsam mit S. zerstückelt und versucht, in einem Mini-Krematorium zu verbrennen. Für diese Tat war S. zu sieben Jahren wegen Beihilfe zum Mord verurteilt worden, die er derzeit absitzt.

Im Laufe der Ermittlungen wurden zwei weitere Tötungsdelikte aufgedeckt, an denen S. beteiligt war: Der Mord an einem nepalesischen Asylbewerber im Dezember 1995 sowie der diese Woche neu verhandelte Mord an Reinhard W.

Das Motiv für den Mord an W. war eine Lebensversicherung über 1,2 Millionen Mark, die W. auf seinen vermeintlichen Freund Till Hauke H. abgeschlossen hatte. Um H. ein Alibi zu verschaffen, fuhren die Komplizen nach Köln und besuchten eine Freundin von H. Während H. die Tatnacht mit der Frau in einem Hotel verbrachte, gab S. vor, in ihrer Wohnung zu übernachten. Tatsächlich fuhr er nach Bremen zurück.

2004 kam das Landgericht nach 40 Verhandlungstagen zu dem Schluss, S. habe Reinhard W. auf dem Parkplatz an der Uni mit zwei Kopfschüssen ermordet. S.’ Anwälte griffen das Urteil an – erfolgreich. Bei der Revision legte Tim S. jetzt ein Geständnis ab – und gab das zu, was eindeutig zu beweisen ist: Er sei in Richtung Bremen gefahren, um die Tatwaffe zu übergeben, das Opfer habe er aber weder gesehen, noch getötet, sagte er am Mittwoch.

„Weitere Feststellungen“, sagte der vorsitzende Richter Helmut Kellermann, „können wir nicht treffen“. Dennoch, betonte er, folge das Gericht S.’ Schilderungen nicht. „Wir sind überzeugt, dass da mehr war.“ Das Verfahren hinterlasse daher einen „üblen Nachgeschmack“.

Von S. wünsche er sich die Übernahme der „inneren Verantwortung für drei Tote“. Dessen Leben sei bislang bestimmt gewesen vom „Wunsch nach dem schnellen Geld“. Den habe er versucht, auf kriminellen Wegen zu erfüllen. Alles andere „wäre Knochenarbeit gewesen“, so Kellermann.

Acht der 15 Jahre Gesamtstrafe hat S. bereits verbüßt. THA