Explizite Lyrik: Die Perserkatze Jasmin Shakeri bevorzugt den Stellungswechsel, und MOK mag’s halt weiter einfach hart

Man ist ja immer sofort versucht, eine Marketing-Strategie zu vermuten, wenn ein Rapper mit dem Gesetz in Konflikt gerät. Tatsächlich hätte der Ärger, mit dem Tarkan Karaalioglu momentan zu kämpfen hat, zu einem ungünstigeren Zeitpunkt auftauchen können. Der als MOK bekannte Vertreter der berüchtigten Berliner Härte, wurde vor einigen Wochen gemeldet, sei untergetaucht, wegen nicht genauer geklärter Vorwürfe auf der Flucht vor der Polizei, und stehe nun leider für Interviews und andere Werbeaktivitäten nicht zur Verfügung. Selbst seine Plattenfirma habe keinen Kontakt zu ihm, die Veröffentlichung des neuen Albums wird verschoben.

Nun hat sich MOK, der den Knast ja tatsächlich schon von innen kennt, zumindest mal telefonisch gemeldet und „Most Wanted“ steht auch in den Läden. Darauf hat das Mitglied der legendären Crew Die Sekte allerdings, dazu reichte die Zeit natürlich nicht, keine Anspielungen auf das aktuelle Leben des Rappers im Untergrund platzieren können. Es finden sich dafür aber die üblichen Ingredienzien der Gangsta-Reimkunst: Neben der unverzichtbaren Selbststilisierung („Ich bin der Beste, tut mir leid“), den auch nicht gerade neuen Schmähungen gegen das restliche Showgeschäft („Ich geb’ ein Fick auf’s Biz“) und der beständigen Bezugnahme auf die eigene Herkunft („Dis is die Straße, jede Zeile, die is wahr“) hält der Neuköllner natürlich vor allem die Frequenz an tiefergelegtem Vokabular angemessen hoch. Dazu paradiert über den düsteren, wie es scheint vornehmlich aus Videospielen zusammengesampelten Beats von Woroc die übliche Riege an verdächtigen Kollegen: Sido, Colos und B-Tight sind nur die prominentesten. Einzige Frau auf der Gästeliste ist Emine Bahar, die soulig daherflöten darf. Inmitten dieser streng männlich quotierten Konkurrenz offenbart MOK aber durchaus auch andere Facetten: Der immer mal wiederkehrende Aufruf, seine Zukunft nicht mit Kleinkriminalität zu vergeuden, geht allerdings weitgehend im Gebell unter.

Mit Gebell hat Jasmin Shakeri nicht allzu viel zu tun, aber immerhin wird ihr Debütalbum eröffnet mit einem Monolog von Ben Becker, der sich wieder alle Mühe gibt, wie der liebe Gott zu dröhnen. Anschließend allerdings gerät „Perserkatze“ zu einer dem Titel angemessenen Kuscheltour mit Ausflügen in eindeutige Positionen. Die Ex-Romanistikstudentin und aktuelle Peter-Scholl-Latour-Verehrerin, wie sie in ihrem Blog enthüllt, begibt sich auf eine Gratwanderung zwischen weiblicher Selbstermächtigung und willentlicher Aufgabe als Sexobjekt. Problemlos wechselt die Deutsch-Iranerin singend oder rappend von einem Track zum nächsten die Stellung, mal „Lass Dich verwöhnen“, mal „Baby, Du weißt genau, wie ich es mag“: Dabei wird die ehemalige Background-Sängerin von Yvonne Catterfeld mitunter sehr explizit. Und weil mancher Beat etwas einfallsreicher hätte sein können und mancher Reim nicht ganz so klischiert, muss vor allem diese offenherzig durchsexualisierte Wortwahl als Alleinstellungsmerkmal ausreichen. THOMAS WINKLER

■ MOK: „Most Wanted“ (Yo! Musix/Groove Attack)

■ Jasmin Shakeri: „Perserkatze“ (Downbeat/Warner)