Kein Haar im Königsblau

Schalke besiegt Bochum leicht und locker mit 2:0. Schon seit dem Hinspiel bei den Knappen steckt der VfL in einer tiefen Krise, die wohl erst mit dem Abstieg in die Zweite Liga ihr Ende findet

„Das Licht am Ende des Tunnels ist dünner geworden – ich sehe es aber noch“

AUS BOCHUM CHRISTOPH SCHURIAN

Wenn die Fernsehreporter am Spielfeldrand ihre Statements einholen, dann spielen sie gerne mit Gefühlen. Am Samstag machte sich Premiere-Mann Ecki Heuser vor allem über die Gesichter des FC Schalke 04 her, die den Abstiegskandidaten VfL Bochum gerade mit 2:0 besiegt hatten. Heuser erkundigte sich also beim heiter gelösten Schalke-Trainer Ralf Rangnick eindringlich nach Sorgenfalten trotz des Sieges in der Nachbarstadt. Mittelfeldspieler Christian Poulsen durfte nicht etwa sein stabiles Spiel kommentieren, sondern die fünfte Gelbe Karte, die für ihn eine Zwangspause im Spitzenspiel gegen FC Bayern nach sich zieht.

Doch die Reporter-Recherche nach dem Haar im Königsblau verdarb den Schalker Aktiven nicht die Laune. Ralf Rangnick wollte von Sorgen nichts hören, lobte seine Mannschaft für einen „souveränen Auftritt“ im Bochumer Ruhrstadion und die zwei Tore von Ailton und Lincoln – beide wurden von Bochumer Spielern unglücklich vorbereitet. Auch Poulsen freute sich über den „guten Lauf“, und dass es die anderen gegen Bayern München gut ohne ihn schaffen können. Genauso ruhig abgeklärt hat sich Schalke innerhalb eines halben Jahres vom Tabellenkellerkind zum Meisterschaftsfavoriten gemausert.

Denn just zum Hinspiel der beiden Revierteams im Oktober des vergangenen Jahres gab Rangnick seine Heimpremiere auf Schalke, beschwor einen neuen, alten Geist in der Arena und schwäbelte dazu ein „Glück Auf“ ins Mikrofon. Bochum zog auch damals den Kürzeren, sorgte aber immerhin für zwei Anschlusstore und einige Unruhe in der Schalker Abwehr. Das Scheitern beim Nachbarn wurde schlicht als Kollateralschaden erklärt: Durch zwei knappe wie unglückliche Niederlagen im DFB- und Uefa-Pokalwettbewerb sei die Mannschaft eben aus dem Tritt, spätestens im Winter werde sich das VfL-Team aber wieder berappelt haben. Doch fünf Monate später hat sich an dem zittrigen, ungelenken und undurchdachten Spiel der Bochumer kaum etwas geändert – es wurde eher immer schlimmer: Schon beim Hinspiel lief in der Schalke-Arena eine ohne Kapitän Dariusz Wosz umgemodelte und verjüngte Mannschaft auf und Tommy Bechmann, Filip Trojan und Zvjezdan Misimovic sorgten für etwas frischen Wind. Nun scheint auch der Kampfgeist ihrer Jugend verweht.

Weil zum eigenen Versagen auch noch Abstiegs-Konkurrent Mainz 05 wieder punktete, versuchte es Bochums Coach Peter Neururer gar nicht mehr mit Erklärungen. Die Schalker seien den seinen „in allen Belangen“ überlegen gewesen. Sein Team habe sich „keine Torchance“ heraus gespielt, sei nur durch Weitschüsse von Misimovic und eine Kopfballverlängerung von Vratislav Lokvenc gefährlich gewesen; übrigens alles Szenen aus der ersten Halbzeit. Dass sich zu Bochums unreifem Spiel nun auch melancholische Wortspiele des Trainers gesellen, ist wohl der deprimierenden Gesamtlage geschuldet: „Das Licht am Ende des Tunnels“, so Neururer, sei „dünner“ geworden. Er sehe es aber immer noch, auch wenn es klischeehaft klinge, werde man, solange es noch eine Chance gebe, alles dafür tun... Durchhalteparolen vor dem Endspiel beim Tabellenvorletzten Hansa Rostock.

Schalkes Rangnick muss nicht auf Appelle zurück greifen. Selbst das „Spiel der Spiele“, der Auftritt der Tabellenführer aus Bayern in der Schalke-Arena, scheint den Schalker Fußballlehrer nicht aus der Ruhe zu bringen. Er habe sich noch nicht damit beschäftigt, behauptete Rangnick – wie zum Beweis verlegte er die Anstoßzeit bereits auf Samstag.