Schlampiger Auftritt, aber ein Punkt

Auch im siebten Heimspiel in Folge bleibt Hertha ungeschlagen. Doch gegen Kaiserslautern reichte es am Sonntag nur zu einem 1:1. Den Berlinern fehlten Tempo und Ideen. Vor allem in der ersten Halbzeit spielten die Profis wie Freizeitkicker

VON Andreas Rüttenauer

Es hätte so schön werden könne. Hätte Hertha gestern Abend gegen den 1. FC Kaiserslautern gewonnen, dann hätten ganz viele Menschen in der Stadt von der Champions League geträumt. Nach dem unschönen 1:1 müssen die Berliner weiter um einen UEFA-Cup-Platz kämpfen.

Dieter Hoeneß hatte vor dem Spiel gegen den FC Kaiserslautern getan, was er immer tut: Er hat vor dem Gegner gewarnt. Die Pfälzer, so der Hertha-Manager, seien deshalb so gefährlich, weil sie sich im Niemandsland der Tabelle auf Platz neun befänden. Die Lauterer könnten ohne jeden Druck aufspielen. Und in der Tat begannen die Pfälzer so, als sei ihnen eigentlich egal, wie das Spiel ausgeht. Bisweilen spielten sie lustvoll und gekonnt nach vorne, dann vertändelten sie wieder den Ball leichtfertig. Das Überraschende war: Hertha spielte genauso – so, als ginge es um nichts. Wie zwei Freizeitkickerteams spielten die Profimannschaften. Einem peinlichen Fehlpass von Marcelinho folgte ein geniale Hereingabe von Reina, die Stürmer Artur Wichniarek ebenso gekonnt zu Torben Marx weiterleiten konnte, woraufhin dieser auf das Leder eindrosch: mehr als zehn Meter am Tor vorbei.

Die heitere Spielerei währte gute 25 Minuten, erst dann begann ein ernsthaftes Bundesligaspiel. Die Mannschaften agierten konzentrierter, so als sei ihnen mit einem Mal bewusst geworden, dass das Spiel gar nicht so unwichtig ist. Hertha spielte immerhin um die Chance, bis auf einen Punkt an den dritten Tabellenplatz heranzukommen, jenen Platz der zur Teilnahme an der Champions-League-Qualifikation berechtigt. Und auch Kaiserslautern hat noch ein Saisonziel, einen UI-Cup-Platz nämlich. Doch mit der Ernsthaftigkeit zog auch Langeweile ein ins Olympiastadion. Chancen waren mit einem Mal Mangelware. Es war plötzlich nicht mehr so leicht, mit einem Sololauf bis zum gegnerischen Strafraum durchzubrechen. Die langen Pässe wurden abgefangen und auch das Abspiel wurde präziser. Aus Gaudikickern waren Fußballarbeiter geworden.

Unmittelbar nach der Pause passierte dann, was eigentlich schon vor einer Woche hätte geschehen können. Die Wackelabwehr, die beim 4:1-Sieg gegen den HSV nur wegen etlicher Glanztaten von Christian Fiedler mit nur einem Gegentor davongekommen war, wurde kalt erwischt. Hertha geriet in Rückstand. Nach einer Ecke konnte Lucien Mettomo das 1:0 für die Gäste erzielen, weil kein Herthaner entschlossen genug zu Werke gegangen war, um den Ball aus den Strafraum zu befördern. Wieder hatte die nötige Ernsthaftigkeit gefehlt.

Das sollte sich ändern. Mit aller Gewalt stürmte Hertha nach vorne. Nando Rafael durfte nach gut einer Stunde mitstürmen und der kopfballstarke Alexander Madlung ersetzte Dick van Burik. Die Spielfreude wurde endgültig ein-, die Brechstange ausgepackt. Und die Berliner erzielten tatsächlich noch ein Tor. Der lange Madlung hielt fünf Minuten vor dem Ende seinen Schädel in eine Freistoßflanke des eingewechselten Sejad Salihovic. Hertha wurde für einen schlampigen Auftritt noch mit einem Punkt belohnt.