Crashkids am Tatort

Sozialthemen in Krimiformat: Morgen starten die redlichen „KI.KA-Krimis“ (KI.KA und Phoenix, ab 18 Uhr)

Nein, mit Luxusurlauben für Crashkids sei es jetzt vorbei. Es werde eben überall gespart. So versichert es der Kommissar einem jungen Hobbydetektiv und spielt damit ironisch auf die Fälle an, die vor ein paar Jahren von der Boulevardpresse hochgekocht worden sind. Damals hatte man einige der jugendlichen Delinquenten ins mediterrane Ausland verfrachtet. Ein toller Aufreger für alle Steuerzahler, die es im hart verdienten Urlaub nur an die Ostsee schaffen. Genau solche Aufreger versucht der Kinderkanal zu vermeiden: Die neue Reihe „KI.KA-Krimi“, in der es unter anderem eben auch um Crashkids geht, ist öffentlich-rechtliches Fernsehen in seiner redlichsten Form: Hier wird gezeigt, aber nicht denunziert.

Themen vertiefen

Produziert hat die Saxonia Media, die auch die Leipziger „Tatorte“ des MDR dreht. Phoenix, wie KI.KA gemeinsam von ARD und ZDF betrieben, vertieft die Themen der 45-Minüter mit Reportagen und Diskussionsrunden. In der Eröffnungsepisode geht es morgen ums „Abziehen“, also um das Einfordern von Geld und Kleidungsstücken unter Drohung. Ein alltäglicher Vorgang an deutschen Schulen, der einem durchaus komplexen Täter-Opfer-Schema folgen kann.

Klar, es geht stets um „stark“ gegen „schwach“. Aber diese Kriterien fügen sich eben nicht immer in gängige Rollenmuster. So wird in „Abgezogen“ ein Junge von einem Mädchen ausgenommen. Das Opfer ist neu an der Schule, das Mädchen kriegt Druck von ihrer Gang, mit der sie aus ihrem verwahrlosten Elternhaus ausbrechen will. Ein schlüssig inszenierter Gewaltmechanismus – der in der ersten Folge (Buch: Andreas Schlüter, Mario Giordano, Regie: Peter Vogel) durchbrochen wird, indem sich die beiden anfreunden.

Klugscheißer mit Brille

Diese idealisierte Milieuvermischung funktioniert als erzählerischer Kniff, um ein Bewusstsein für soziale Problematiken zu schaffen. Fortan sind die Schüler zu dritt unterwegs: Neben dem Mädchen und dem Jungen ist noch ein Klugscheißer mit Brille und Computerpark im Jugendzimmer dabei. Ohne so einen geht es eben nicht in einem Kinderkrimi. Der obligatorische Polizist immerhin – hier der im besten Opa-Alter befindliche Kommissar Ehrlicher (Peter Sodann), der auch den Leipziger „Tatort“ bestreitet – gibt sich dann auch genervt von so viel Besserwisserei und wischt sie gelegentlich mit so gewohnter wie gebührender Schroffheit einfach vom Tisch.

Einen trotz des pädagogischen Anliegens nicht allzu konstruiert wirkenden Kosmos hat man für die „KI.KA-Krimis“ erschaffen. Störend sind nur die Actionszenen in der zweiten Episode, in der ein Haufen Crashkids in stillgelegten Fabriken um brennende Tonnen rast. Weniger „The Fast And The Furious“ und ein bisschen mehr deutscher Alltag wäre besser gewesen.

CHRISTIAN BUSS

Das morgige Programm: 18 Uhr, Phoenix: „Durchboxen im Leben. Letzte Chance Jugendcamp“; 18.30 Uhr, Phoenix: „… und raus bist du! – Extrem-Mobbing an Schulen“; 20 Uhr, KI.KA: „Kummerkasten“; 20.15 Uhr, KI.KA: „KI.KA-Krimi.de: Abgezogen“; 21 Uhr, Phoenix: „Tatort Schule – Jugendliche und Gewalt“