Aktion ganz große Klasse

Personalräte warnen: Die Hamburger Gymnasiasten haben die schlechteste Lehrerversorgung im Bundesvergleich. Für 4.152 zusätzliche Schüler gab es seit dem Jahr 2000 gerade mal 13 Lehrer mehr

Tut doch in echt gar nicht weh, diese Sparmaßnahme, erklärten die Hamburger CDU und ihre jeweiligen Senatoren in den vergangenen Jahren immer wieder. Denn Hamburg habe immer noch die beste Schüler-Lehrer-Relation bundesweit.

Doch dieses rot-grüne Erbe ist nach drei Jahren schwarzer Regierung offenbar verprasst. Der Mathematiklehrer Hans Voss vom Personalrat Gymnasien hat die Lage an dieser Schulform untersucht und kommt zu dem traurigen Ergebnis, dass Hamburg jetzt „Spitze“ ist. Voss: „Nur leider vom falschen Ende her.“

Voss hat an Hand der Daten der Bildungsbehörde errechnet, dass es in Hamburg seit dem Jahr 2000 genau 4.152 zusätzliche Gymnasialschüler gibt. Allein für diesen „Schülerberg“, müssten 276 Lehrerstellen geschaffen werden. Doch tatsächlich seien bis 2005 mit 2.910 gegenüber 2.897 in 2000 nur 13 zusätzliche Stellen an den Gymnasien angekommen. Von diesen aber muss auch noch der zusätzliche Unterricht in den Klassen 5 bis 10 für die Schulzeitverkürzung und der teilweise Ganztagsbetrieb an den Gymnasien personell bestückt werden, wofür Voss nochmals 123 Stellen „vorsichtig gerechnet“ einkalkuliert. Summa summarum fehlen den Gymnasien nach alten Bedarfsgrundlagen 397 Stellen. Voss: „Davon hätte man acht Gymnasien mit je 45 Kollegen neu einrichten können.“

Doch dass nun aber stattdessen gerade mit den Gymnasien Langenhorn, Uhlenhorst Barmbek und St. Georg im Gegenteil drei Lehrstätten geschlossen werden, liegt an den Bedarfsabsenkungen von 2002, 2003 und 2004. Die Folge: In keinem Bundesland sind die Gymnasialklassen so voll wie in Hamburg. Gleichzeitig haben die Gymnasien auf dem Papier sogar noch einen Überhang von 50 Stellen.

Brisant wird nun die Einordnung der Schüler-Lehrer-Relation in den Bundesvergleich. Nach Angaben der Kultusministerkonferenz (KMK) kam in Hamburg im Jahr 2000 in der Sekundarstufe I (Klassen 5 bis 10) auf 16 Schüler ein Lehrer. Nach der Erhöhung der Klassengrößen durch Bildungssenatorin Alexandra Dinges-Dierig (parteilos) beträgt das Verhältnis nun eins zu 18,55. Der Bundesdurchschnitt hingegen lag laut KMK in 2003 bei 1 zu 17,8. „Hamburg“, so Voss, „hat meines Erachtens die schlechteste Versorgung bundesweit.“ Dieser Wert sagt übrigens nichts über die Klassengröße aus, hier sind 30 Schüler fast die Regel.

Hinzu kommt aber noch eine Spezialität des einzig in Hamburg etablierten Lehrerarbeitszeitmodells. Insgesamt müssen Hamburgs Gymnasien rund 40 Stellen an „Töpfe“ etwa für Fortbildung angeben, nachdem ihnen die Stunden für ihre Schüler zugewiesen wurden. Voss hat bei zwei Gymnasien, die formal zu 100 Prozent versorgt sind, ausgerechnet, wie viel Lehrer „beim Schüler ankommt“. Das Ergebnis ist mit eins zu 19,35 und eins zu 19,15 eine deutlich schlechtere Versorgung als im Bund. Die Lage wird bis 2007 nicht besser. Denn bis dahin steigt die Schülerzahl noch mal um 1.151 an. Die Lehrergewerkschaft GEW will einen solchen Datenabgleich nun für alle Schulformen durchführen. Kaija Kutter