„Wir müssen aufpassen“

Der 8. März ist kein Feiertag für Frauen: Denn sie sind von Hartz vor allem betroffen, und im Pleite-Land Bremen sind ihre Belange auch in Gefahr. Doch die Frauenbeauftragte verzagt nicht

Bremen taz ■ Manches ist schlechter, anderes einfach nur anders geworden – zum Internationalen Frauentag schätzt die Landesfrauenbeauftragte Ulrike Hauffe die Situation für Frauen in Bremen ein.

taz: Angesichts allgegenwärtiger Spardebatten und Hartz IV: Ist der heutige Tag für Frauen ein schöner Tag?

Ulrike Hauffe: Es ist kein schöner Tag. Es gibt verschiedene Probleme. Da sind auf Bundesebene die Folgen der Hartz-Gesetze für Frauen. Beispiel Bedarfsgemeinschaften: Wegen der Anrechnung der Partnereinkommen werden viele arbeitslose Frauen gar kein Arbeitslosengeld II mehr bekommen. Auch für die Berufsrückkehrerinnen sieht es jetzt schlechter aus: Früher hatten sie einen Rechtsanspruch auf Eingliederungszuschuss und Ansprüche auf Unterhaltsgeld – die sind weggefallen. Und weil die Agentur für Arbeit die teuren Arbeitslosen schnell wieder in Arbeit vermitteln will, fallen in dieser Logik Frauen hinten runter.

Wie sieht es auf dem Arbeitsmarkt für Frauen aus?

Es ist ein Rückgang der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisse zu verzeichnen – jedoch ein starker Zuwachs an Mini- und Midijobs. Das heißt, dass besonders Frauen die Deregulierung des Arbeitsmarktes zu spüren bekommen.

Werden die Injobs einen ähnlichen Effekt haben: dass sie reguläre Jobs vernichten?

Die Gefahr besteht. Wir müssen aufpassen, dass Injobs nicht vor allem in den Bereichen entstehen, die Frauenarbeitsplätze bieten. Derzeit können wir nur gut darauf achten, zum Beispiel ich im Aufsichtsrat der Bremer Arbeit GmbH, die über die Vergabe der Injobs entscheidet.

In Bremen wird gespart: Sind schon Folgen für die Belange von Frauen absehbar?

Derzeit wird gerechnet, wie und wo gespart wird – aber wir befürchten zum Beispiel massive Einschnitte in der Jugend- und damit in der Mädchenarbeit.

Auch die Gleichstellungsstelle soll bluten.

Solche Gerüchte entbehren jeder Grundlage. Derzeit gilt, was im Beschluss des Koalitionsausschusses steht: die Anpassung der Ausstattung der ZGF an die anderer Stadtstaaten oder vergleichbarer Großstädten. Da geht es erstmal um ein Benchmarking, und das finde ich legitim. Aber es ist schwer zu ermitteln: Denn es gibt sonst keine Konstruktion wie die Bremer – die Gleichstellungsstelle erfüllt Landes- und Kommunalaufgaben zugleich, und das ist einzigartig. Ich sehe mit großem Selbstbewusstsein auf unsere Arbeit. Wir brauchen uns in keiner Weise zu verstecken.

Wie geht es derzeit den Bremer Frauenprojekten?

Die Frauenprojekte sind durchweg angespannt. Sie sind durch die Sparmaßnahmen der letzten Jahre sowieso schon derart heruntergekürzt worden, dass das, was sie jetzt noch bekommen, nur noch das Minimum ist. Dass sie so arbeiten können, liegt wiederum nur daran, dass sie sich optimal organisiert haben. Die große Koalition sollte sich gut überlegen, ob sie für das wenige Geld, um das es hier geht, einen Riesen-Verlust riskieren will, wenn es die Projekte nicht mehr gäbe.

Wenn man sparen muss, ist Frauenförderung ja meist weniger wichtig.

Das stimmt zwar grundsätzlich, aber ich würde nicht von einer Verschlechterung, sondern vielmehr von einer Veränderung sprechen, was diese Frage angeht. Ich stelle verstärkt ein themenzentriertes Interesse fest und darüber bin ich überhaupt nicht deprimiert: So sind zum Beispiel Kinderbetreuung und Vereinbarkeit von Familie und Beruf derzeit großes Thema. Dass es hier Frauendiskriminierung gibt, diese Meinung wird jetzt von Menschen geteilt, die dieses Wort zuvor nicht in den Mund genommen haben – zum Beispiel von Firmenchefs, die an der Ressource weiblicher Arbeitskraft interessiert sind. Es passiert derzeit mehr in konkreten Ansätzen als in grundsätzlich-politischer Richtung, Frauenpolitik ist nach wie vor in Bewegung. Interview: S. Gieffers