Was Schlittschuhstars so essen

Der Tempodrom-Untersuchungsausschuss unternahm eine Ortsbesichtigung – sorry: eine „sight inspection“. Eine Suche nach dem Luxus, der hier verbaut worden sein soll

Am Anfang gab’s erst einmal eine Sau: Die war aus geschmiedetem Eisen und hatte eine rote Schleife um den Bauch. Es war ein Sparschwein, das Michael Braun, der CDU-Vorsitzende des Tempodrom-Untersuchungsausschuss im Abgeordnetenhaus, zu einer besonderen Sitzung des Ausschusses als Präsent mitbrachte, zu einer Besichtigung der Kreuzberger Kulturstätte nämlich.

Was das mit dem Ausschuss zu tun hat, blieb unklar. Zur Erinnerung: Der Tempodrom-Bau war mit rund 30 Millionen Euro fast doppelt so teuer geworden wie geplant. Um eine Pleite des privaten Projekts zu verhindern, war das Land immer wieder als Finanzier eingesprungen. Der Untersuchungsausschuss soll die Hintergründe ermitteln.

Doch zunächst lernte das gute Dutzend Landespolitiker des Ausschusses, und ein paar Journalisten, von Melen Einenkel, „Director Marketing & Sales / Project Coordination“ der Tempodrom GmbH, einige neue Englisch-Vokabeln und viele Zahlen: Bei ihrer „sight inspection“ erklärte sie etwa, dass das Foyer des Tempodroms eine Fläche von bis zu 1.400 Quadratmetern hat, je nachdem, welche Wände im Foyer geöffnet werden: „Eine Three-in-one-Lösung, sage ich immer.“

Vom Foyer ging es weiter in den „Backstage-Bereich“ der „kleinen Manege“ mit unverkleideten Leitungen vor nackten Betonwänden. Dann in die „Lounge“, wo anzuschauen war, was „Holidy-on-Ice“-Stars so in der Pause essen (Sandwiches mit Mayo etwa). Schließlich in einen von drei Seminarräumen – und dass es aus Spargründen nicht mehr sind, sei schon nachteilig, so Melen Einenkel.

Es folgte ein Rundgang zwischen den Sitzreihen der „großen Manege“ unter dem zeltähnlichen Dach des Tempodroms. „Zu defizitären Bereichen kann ich Ihnen nichts sagen“, verkündete Einenkel nach hartnäckigen Journalistenfragen hier – und erntete Lacher, denn damit war klar, dass die ganze Ortsbesichtigung, sorry: die „sight inspection“, für die Katz war, „useless“ sozusagen. Immerhin durfte man sich mal anschauen, wie der „Backstage-Bereich“ der „chorus girls“ von Holiday on Ice aussieht (Einenkel: „Hier finden die legendären Backstage-Partys statt“).

Ihr Kollege Lars, verantwortlich für „Facility-Management“, zeigte dem Tross auf seiner Tour durch dunkle Kellerräume dann noch die Sprinklerzentrale, das Blockheizkraftwerk, den Erdwärmetauscher und die Holiday-on-Ice-Eisfläche. Und nun wissen wir, dass normales Eis in Eisstadien eigentlich graubräunlich ist und erst weiß glänzt, wenn es weiß nachgefärbt wird – doll, nich?

Bleibt bloß die Frage: Wurde nun übertrieben viel Geld für die Ausstattung des Tempodrom und seine umweltbewusste Heiz-Infrastruktur ausgegeben? Wir wissen es nicht. Aber Melen Einenkel zeigte immerhin, „last but not least“, die Dachterrasse, 3.000 Quadratmeter groß, mit Belag aus „deutscher Eiche“. Und die ist, sicher, ein Gedicht im Sommer. PHILIPP GESSLER