Nieder mit dem Frauentag!

Von Männern und jungen Frauen gern belächelt, hat sich nichts an den Herausforderungen der Frauenbewegung geändert. Doch alles, was von ihr übrig geblieben ist, ist eine mediale Hyperaktivität um den 8. März. Schluss damit! Eine Polemik

VON WALTRAUD SCHWAB

Einmal im Jahr, am 8. März, wird die Lebenswirklichkeit von Frauen medial berücksichtigt; werden Frauen als Thema, nein, als gefundenes Fressen – wir wollen schon mal ganz frauenspezifisch auch sprachlich am Herd bleiben – hochgekocht. Eine Pflichtveranstaltung ist es, damit es den Rest des Jahres umso leichter fällt, Frauen und ihre Belange zu ignorieren, zu marginalisieren, zu trivialisieren.

Wer Frauenthemen das ganze Jahr über verkauft, steht auf verlorenem Posten. Wer gar die freche Behauptung wagt, die Frauenbewegung war und ist wichtig in der Geschichte der Bundesrepublik, der gibt sich der Lächerlichkeit preis.

Umgekehrt aber wird ein Schuh draus: Nicht wenige hochdotierte Wissenschaftler gehen so weit, uns weismachen zu wollen, wie schlecht Feminismus und Emanzipation für die Gesellschaft sei. So etwa behaupten sie, dass die Emanzipation der Frauen für eine, statistisch nicht bewiesene, wohl aber gefühlte Zunahme von gewaltbereiten Mädchen und Frauen verantwortlich ist, denn – gleichberechtigungsbedingt – würden Frauen nun auch vermehrt zuschlagen. Ebenfalls soll mit Forschungen belegt worden sein, dass die Förderung der Mädchen an Schulen dafür verantwortlich sei, dass die Jungs nicht mehr mithalten können. Für die zunehmenden Identitätskrisen der Jungen in der Gesellschaft und der vermehrten Gangbildung von Jugendlichen stehen die Frauen zudem in der Verantwortung. Oder: Weil sie lieber Karriere machen, bleibe die gute Erziehung auf der Strecke, wollen uns einfach gestrickte Politiker und der Papst einreden. In allen drei Beispielen bietet sich als Allheilmittel an: Macht die Frauenbewegung rückgängig, dann ist alles wieder gut!

An der Stelle wird es Zeit, mal das uralte Zitat von Marie Freifrau von Ebner-Eschenbach, die von 1830 bis 1916 lebte, auszugraben: „Eine gescheite Frau hat Millionen geborener Feinde – alle dummen Männer.“ Nichts hat sich daran geändert.

Am Samstag gab es seit langem wieder einmal eine Demo in Berlin zu einer spezifischen Frauenproblematik: Ehrenmord. Die Mehrheit der anwesenden Demonstrantinnen hatte graue Haare und Falten im Gesicht. Es waren die gleichen, die schon vor 25 Jahren für die Abschaffung des Paragrafen 218 demonstriert haben. Das wirft eine Frage auf: Warum sehen jüngere Frauen kaum, dass Gewalt gegen Frauen sie angeht, selbst wenn sie nicht türkischer Herkunft sind?

Die Frauenbewegung sei out, wird gesagt. Alte Frauen, alte Formen, alte Thesen. Dazu kommt die ganze Latte bestgehüteter Vorurteile: Emanzen sind männerfeindlich, lustfeindlich, unerotisch, westdeutsch und humorlos. In der Mehrzahl sowieso lesbisch, aber natürlich nur deshalb, weil sie den Richtigen nicht gefunden haben.

Es wird Zeit, dass mit diesem Quatsch aufgeräumt wird. Die Frauen, die die Frauenbewegung maßgeblich mit gestaltet haben, sind nicht alt, sondern kampferprobt. Sie benutzen keine alten Widerstandsformen, weil Widerstand nur Sinn macht, wenn er sich auf die Gegenwart bezieht. Und ihre Forderungen sind sicher nicht out, solange die Frauenhäuser voll, die Chefetagen aber frauenfrei sind.

Was den Männerhass der Feministinnen angeht, muss gesagt werden, dass es sich dabei um Wunschdenken handelt. Hass setzt voraus, dass man sich für jemanden leidenschaftlich interessiert, wenn auch unter negativen Vorzeichen. Sorry, aber damit man sich für jemanden leidenschaftlich interessiert, braucht es einen Grund.