Wendekommunisten siegen in Moldawien

Die Partei von Staatschef Voronin kann erneut die Regierung stellen, hat aber nicht genug Stimmen für die Präsidentenwahl. Auch Bürger Transnistriens gingen diesmal an die Urnen. Die Wahlbeteiligung liegt bei 63 Prozent

CHISINAU taz ■ Bei der Bekanntgabe der ersten Ergebnisse der Nachfragen knapp eine Stunde nach Schließung der Wahllokale entgleisten dem kommunistischen Parlamentsvorsitzenden Vadim Mischin bei einer Fernsehdebatte sämtliche Gesichtszüge. Diese hatten die Kommunisten der Republik Moldau noch mit einem Stimmenanteil von 40 Prozent gesehen und damit nur zehn Prozent vor dem von Moskau unterstützten so genannten zentristischen Oppositionsblock Demokratisches Moldawien (BMD). „Exit Polls sind etwas ganz Neues in der Moldau. Was wissen Sie denn, was Ihnen die Wähler vor dem Wahllokal so alles erzählen?“, fauchte Mischin.

Gestern Vormittag konnten die proeuropäisch gewendeten Erben Lenins aufatmen. Ersten vorläufigen Ergebnissen zufolge erhielten die Kommunisten unter Staatspräsident Wladimir Voronin 46,1 Prozent der Stimmen und stellen damit voraussichtlich 55 von 101 Abgeordneten im neuen Parlament. Das reicht zwar für eine Regierungsbildung, nicht aber für die Wahl des Staatspräsidenten. Dieser muss mit einer Dreifünftelmehrheit, das heißt 61 Stimmen, vom Parlament gewählt werden.

Der Block Demokratisches Moldawien mit dem Spitzenkandidaten und Chisinauer Bürgermeister Serafim Urechean kam auf 29,4 Prozent der Stimmen und wird 35 Abgeordnete stellen. Die Christdemokratische Volkspartei von Iulie Rosca, die mit der ukrainischen Revolutionsfarbe Orange geworben hatte und als einzige Partei neben einer EU-Mitgliedschaft auch einen Beitritt zur Nato propagiert, erreichte mit 9,7 Prozent 11 Sitze.

Die Wahlbeteiligung lag bei 63,7 Prozent und damit deutlich über der für die Gültigkeit der Wahl notwendigen 50-Prozent-Marke. Anders als noch vor vier Jahren hatten auch wesentlich mehr Bürger aus Transnistrien abgestimmt, wobei genauere Zahlen bis gestern Nachmittag noch nicht vorlagen. Die transnistrische Führung unter Präsident Igor Smirnow, die sonst Wahlen in der Republik Moldau ignoriert, hatte ihre Bürger, die einen moldauischen Pass besitzen, aufgefordert, abzustimmen und Busse für den Transport über die Demarkationslinie zur Verfügung gestellt. Smirnows Hoffnung: Nach reichlicher Gehirnwäsche durch die transnistrischen Staatsmedien unter dem Motto „Gegen einen antirussischen Voronin“ ein deutliches Votum zugunsten des BMD.

Die Wahl in Moldau wurde von 2.500 einheimischen sowie 750 internationalen Wahlbeobachtern begleitet. Diese registrierten keine wesentlichen Verstöße. Der Politologe Igor Botan erwartet nun eine Periode der Instabilität. „Im Hinblick auf die Präsidentenwahlen, die bis zum 7. April stattfinden müssen, sind die Kommunisten jetzt gezwungen, mit den anderen Kräften zusammenarbeiten. Doch die Intrigen werden schon beginnen, wenn es an die Besetzung der Parlamentsorgane geht“, sagt Botan. Für den Fall, dass keine Präsidentenwahl zustandekomme, müssten vorgezogene Neuwahlen ausgeschrieben werden. „Eine Blockade der politischen Institutionen, an deren Ende Neuwahlen stehen“, sagt Botan, „wahrscheilich ist dies die orangene Revolution, von der Rosca spricht.“ BARBARA OERTEL