Gabriel droht Betreibern mit AKW-Stopp

ATOMKRAFT Bund und Länder streiten über die Konsequenzen aus ungelösten Sicherheitsproblemen in den Kühlsystemen

BERLIN taz | Ungelöste Sicherheitsprobleme durch verstopfte Kühlwassersysteme in Atomkraftwerken haben Streit zwischen Bund und Ländern ausgelöst. Weil die Betreiber die Sicherheit ihrer Anlagen bisher nicht nachgewiesen haben, droht Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) den Ländern und den AKW-Betreibern nun mit Konsequenzen. Er werde auf einem „nachvollziehbaren und vollständigen Nachweis“ bestehen, dass Störfälle beherrscht werden, sagte Gabriel der taz. Das werde „notfalls auch per Weisung“ durchgesetzt. Diese Maßnahme kann enorme Konsequenzen haben: „Ein Verstoß gegen die Auflage ist ein Stilllegungsgrund“, heißt es im Bundesumweltministerium.

Hintergrund sind Berichte über ein ungelöstes Sicherheitsproblem: Bei einem Leck im Reaktor können sich größere Mengen Isoliermaterialien lösen. Deren Fasern können Siebe von Kühlwasserpumpen verstopfen und die Kühlung im Reaktorkern behindern. „Dann kann es zur Kernschmelze kommen“, so Rainer Baake von der Deutschen Umwelthilfe. Weil es bis heute keine Lösung für das Problem gibt, hat Gabriel die Länder ultimativ aufgefordert, von den Betreibern einen Sicherheitsnachweis zu verlangen. Nur Bayern hat bisher reagiert. Alle anderen Ländern ließen den gesetzten Termin verstreichen. Aus dem FDP-geführten niedersächsischen Umweltministerium sind für Freitag Vertreter zu einem Gespräch nach Berlin bestellt worden ist. Sie bestreiten jegliche Sicherheitsgefahr: Die Annahmen der Reaktorsicherheitskommission seien „realitätsfern“; in Gabriels Aufforderung sieht eine Sprecherin „machtpolitische Muskelspiele“.

Bereits am Vortag hatten Union und SPD heftig über die Atomkraft gestritten. Während Bundeskanzlerin Angela Merkel am Mittwochabend die Festrede zum 50-jährigen Jubiläum des Lobbyverbands hielt, erklärte Gabriel, 50 Jahre Atomforum stünden für „50 Jahre Lug und Trug“. Die „Propagandazentrale der Atomkonzerne“ stehe für das „bewusste Verschweigen, Verdrängen und Verharmlosen der Gefahren, die mit der kommerziellen Nutzung der Atomenergie verbunden sind“.

Am Mittwoch musste das AKW Krümmel wieder vom Netz genommen werden. Ursache war menschliches Versagen, teilte Betreiber Vattenfall mit.

MKR

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