Sommer in der Stadt

KINDERFREIZEIT Der Hamburger Ferienpass wartet mit rund 600 Angeboten auf. Sie sind in diesem Jahr, wo viele nicht oder nur kurz in den Urlaub fahren, besonders begehrt

In Krisenzeiten verbringen offenbar mehr Kinder ihre Ferien in der Stadt

VON KAIJA KUTTER

Noch acht Tage Schule, dann beginnen in Hamburg die Ferien. Für Eltern und Kinder, die nicht die kompletten sechs Wochen verreist sind, heißt es jetzt den Ferienpass studieren. „Er ist handlicher und übersichtlicher geworden“, berichtet Frauke Wiegmann vom Jugendinformationszentrum (JIZ), dass die Angebote zusammengestellt hat.

Das von Din-A4 auf Din-A5 geschrumpfte Format bedeute aber nicht, dass es weniger Angebote gibt. Wiegmann: „Im Gegenteil. Diesmal haben wir mit 290 Anbietern mit über 600 Terminen sogar mehr Angebote im Heft.“

Der Ferienpass hatte vor 41 Jahren als schlichte Pappkarte begonnen, die drei Wochen für wenige Mark zu Bus- und Schwimmbadnutzung berechtigte. Die Buskarte gibt es immer noch, wenn auch etwas teurer: Für 20 Euro können Schüler drei Wochen lang von Montag bis Freitag quer durch die Stadt fahren.

Mit der S-Bahn bis Tiefstack zum Beispiel und dann 20 Minuten mit der Buslinie 120, dann kommen sie zum Ortkatensee und dort zum wohl quatschigsten Angebot: Vom 31. August an ist dort zehn Tage lang eine Schanze aufgebaut, von der Kinder ab zwölf Jahren mit dem Bobbycar ins Wasser düsen können – schriftliches Einverständnis der Eltern vorausgesetzt. „Sie bekommen von uns Prallschutzwesten an, damit sie sich nicht weh tun“, berichtet Timo von Restorff, der dieses Angebot schon im fünften Jahr organisiert. Verletzt habe sich dort bisher niemand. Statt des Bobbycars könne als Untersatz auch ein Schlitten oder ein Body-Board aus hartem Schaumstoff gewählt werden. Durch den Schwung der Schanze sind dann bis zu zwölf Meter weite Flüge möglich. Restorff: „Das gibt einen Kick.“

Aber es gibt natürlich auch viel ernstere Kurse. Ein Benimmkurs etwa oder Englisch lernen nebenbei im Camp, beim Ballspiel oder im Ruderkurs auf der Alster. Drei der vier Ruderkurse, die die großen Clubs dort anbieten, sind übrigens immer noch nur für Jungen, einzig der Ruderclub Hansa an der Schönen Aussicht bietet auch Mädchen diesen Spaß.

Bei anderen Sportarten gibt es diese Diskriminierung nicht. Das Fußballferiencamp vom Kinderspaßverein im Stadtpark richtet sich vom Angebot her ebenso an Mädchen und hat auch Tanzen, Selbstverteidigung, Schwimmen und Kanufahren im Programm. Das Angebot für Kinder von sechs bis 14 Jahren ist ganztägig und damit Eltern eine Hilfe, die schlicht eine Betreuung für ihr Kind brauchen. Es kostet 75 Euro die Woche einschließlich Mittagessen. Und, das ist neu, für Kinder von Hartz IV-Empfängern nur 50 Euro.

Andere Kurse sind teurer und bieten nur stundenweise Betreuung. Bogenbauen zum Beispiel, fünf Tage je zwei Stunden, kosten einschließlich Material 155 Euro. Auch Tennis und Reitkurse sind zwar mit Ferienpass günstiger, aber dennoch eher kostspielige Vergnügen. Ein ganzer Tag auf dem Segelflughafen einschließlich von zwei bis drei Flügen im Schulungsdoppelsitzer scheint dagegen mit 30 Euro günstig.

Der Ferienpass hatte vor 41 Jahren als schlichte Pappkarte begonnen

Es gibt sogar Angebote, die gar nichts kosten. Eine Führung durch NDR-Studios oder Computerkurse an der TU-Harburg zum Beispiel. Andere Kurse sind sehr günstig. Für 35 Euro können Kinder zum Beispiel einen elftägigen Theaterworkshop belegen. Thema ist die französische Revolution. Und im Rahmen des Architektursommers können Kinder für nur zwei Euro an einem dreistündigen Workshop „Kinderhände bauen Wunderwände“ im Museum für Kunst und Gewerbe teilnehmen. Zunächst fotografieren sie Ornamente an Häuserwänden in der Speicherstadt. Dann bauen sie sie mit echten kleinen Backsteinen im Museum nach.

Was mit den Händen tun können Kinder auch bei den zahlreichen Bastel-, Mal- und Kochkursen. In Altona lernen „die kleinen Kochmützen“ frisches Gemüse zu verarbeiten. In Lokstedt lernen Kinder einer „Waldküche“, wie sie Marmelade aus gesammelten Beeren kochen. Im Maritimen Museum können Schiffsmodelle zusammengebaut werden, auch Grasköpfe gestalten, Filzen, Töpfern und sogar Goldschmieden ist im Angebot.

Aber auch an die Bedürfnisse des modernen Großstadtkindes wird gedacht. Der öffentliche Bürgerkanal TIDE an der Uferstraße zum Beispiel bietet einen fünftägigen Kursus an, bei dem Kinder lernen, ihre eigene Website zu gestalten. Auch ein Workshop für TV-Reporter und ein Radio-Workshop wird geboten. Kosten: 50 Euro für fünf Tage a sechs Stunden.

Wer in den Sommerferien nicht in Hamburg ist, kann dieses und andere Angebote übrigens auch in den Herbstferien wahrnehmen. Das mit vielen witzigen Illustrationen des Zeichners Hark Weidling verzierte Ferienpassheft sei in diesem Jahr „nachgefragt wie selten“, berichtet Frauke Wiegmann. In Krisenzeiten verbringen offenbar mehr Kinder ihre Ferien in der Stadt. Wiegmann formuliert es lieber positiv: „Ferien in Hamburg werden immer populärer.“

Der Ferienpass ist in Bücherhallen und Bezirksämtern erhältlich und kann unter www.ferienpass-hamburg.de heruntergeladen werden