LESERINNENBRIEFE
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■ betr.: „Problem Kurzarbeit“, taz vom 1. 7. 08

Schaden nicht herunterspielen

Wenn Katja Hoffmann, die zuständige Teamleiterin bei der Arbeitsagentur Berlin Süd, mit der Auffassung zitiert wird, es gebe bei der nahezu unkontrollierten Genehmigung von Kurzarbeit wenig Missbrauchsfälle und Mitnahmeeffekte, so zeugt dies meines Erachtens von großer Naivität.

Auch Unternehmen mit großen Liquiditätsreserven möchten gern profitieren, Lohnkosten senken und die mangelnde Kontrolle unterlaufen. Der Wettbewerber tut es schließlich auch.

Die Zustimmung des Betriebsrats zur Kurzarbeit dürfte kein unüberwindliches Problem sein, da andernfalls Entlassungen drohen – zur Bekräftigung seines Anliegens mag es dem Arbeitgeber dienlich sein, im Vorfeld ein paar Entlassungen vorzunehmen. Ein Anreiz zu Kurzarbeit ist auch dadurch gegeben, dass sie auf einen bestimmten Personenkreis beschränkt werden kann. Das kann dazu führen, dass die einen kurzarbeiten, während die anderen umso fleißiger unbezahlte Überstunden machen.

Nicht zuletzt steht zu vermuten: Ebenso wie Frau Hoffmann sich auf die Betriebsräte verlässt, verlassen sich diese womöglich auf Frau Hoffmann und glauben, die Arbeitsagentur würde Missbrauch verhindern.

Falls nicht genug Personal für Kontrollen zur Verfügung steht, sollte man wenigstens nicht das Ausmaß des Schadens herunterspielen und mit Scheinargumenten bagatellisieren.

WALTER KASPERS, Wuppertal

■ betr.: „Bischof Huber macht den Köhler“, taz vom 3. 7. 09

Gier nach Geld

Das ist an Verlogenheit nicht zu überbieten. Huber beklagt genau das, was die beiden Großkirchen seit Jahrhunderten praktizieren: die reine Gier nach Geld und Macht, ohne Rücksicht auf Verluste. So bezahlen die Kirchen als größter Grundbesitzer Deutschlands keinen Cent Grundsteuer! Die Gewinne der diversen Kirchenunternehmen werden verschleiert und nicht versteuert. Die milliardenschweren direkten Staatsleistungen an die Kirchen nicht zu vergessen.

Huber fordert „eine Aufsicht für alle Finanzmarktakteure“. Gut so. Aber wer beaufsichtigt die Kirchenunternehmen?

RAINER HERCHER, Umkirch

■ betr.: „G-8-Protest erreicht sein Ziel“, taz vom 3. 7. 09

Verkürzte Anlyse

Die Einschätzung, die GlobalisierungskritikerInnen hätten ihr Ziel erreicht und könnten sich nun zurücklehnen, wie auch die Aussage, die G 8 sei bedeutungslos geworden, ist Ausdruck einer verkürzten Analyse eines Bewegungsteils. Nicht die G 8 sind das Problem, sondern unmenschliche und naturzerstörerische Verhältnisse eines auf Konkurrenz und Wachstum basierenden Systems. Diejenigen, die vom Erhalt des Status quo profitieren, schüren wieder die Verleumdung der antikapitalistischen Bewegung. Radikalität bedeutet, den Horizont der Vorstellung durch konkretes und konsequentes Handeln zu überwinden! THORSTEN ENDLEIN, Kassel

■ betr.: „Afrika: Die Mauer muss weg“, taz vom 2. 7. 09

Europa nicht allein verantwortlich

Selbstverständlich muss der Umgang mit Afrikanern, die nach Europa reisen wollen, ein anderer werden. Nach dem Erfahrungsbericht eines Afrikaners, der seine grauenvolle Odyssee durch Afrika schildert, wundert es mich aber, dass dies im Kommentar nicht kritisch mit aufgegriffen wird. Man kritisiert immer nur Europas Einwanderungspolitik, aber wie die Afrikaner selbst mit ihren afrikanischen Emigrationswilligen umgehen, das ist doch ebenfalls ein nicht minder schwerwiegendes Skandalon. Dass man als Emigrant auf dem Weg nach Europa leicht ums Leben kommen kann oder vergewaltigt, ausgebeutet und betrogen wird, dafür kann man Europa nicht einseitig verantwortlich machen. ANDREAS HÖRMANN, Frankfurt