Stadt der Kiffer

Hamburgs Senat macht sich Sorgen über zunehmenden Cannabis-Gebrauch und kündigt Gegenmaßnahmen an

Staatsrat Dietrich Wersich hat es schon immer gewusst. Bereits als gesundheitspolitischer Sprecher der CDU-Fraktion in der Hamburger Bürgerschaft habe er davor gewarnt, den Konsum von Cannabis zu verharmlosen, triumphierte er gestern im Hamburger Rathaus bei der Vorstellung einer repräsentativen Studie zum Thema. Danach sind in Hamburg rund 30.000 Menschen als cannabisabhängig einzustufen.

Das Münchner Institut für Therapieforschung (IFT) hat den Gebrauch von Cannabis, Alkohol und Tabak in Hamburg untersucht. 1.932 Menschen im Alter von 18 bis 59 Jahren haben einen Fragebogen ausgefüllt. Bei der Auswertung kam heraus, dass in Hamburg weit mehr Drogen genommen werden als im Bundesdurchschnitt. Laut Ludwig Kraus vom IFT ist das normal. Denn Metropolen seien „Trendsetter“ – auch hinsichtlich des Drogengebrauchs: „Entwicklungstendenzen spiegeln sich in Großstädten stärker wieder.“

Dennoch hat Gesundheitssenator Jörg Dräger vorsorglich angekündigt, „die Verfügbarkeit von legalen und illegalen Suchtmitteln einzuschränken“. Die für Hamburg ermittelten Zahlen seien Besorgnis erregend: Laut Studie haben über 50 Prozent der 18- bis 24-Jährigen Cannabis-Erfahrungen. Vor acht Jahren, 1997, waren es erst 30 Prozent. Und es kommt noch schlimmer: Mehr als 21.000 Hamburger konsumieren Cannabis fast täglich, und das durchschnittliche Alter beim Erstkonsum sinkt.

Schuld daran ist laut Staatsrat Wersich die gesamtgesellschaftliche Haltung. Zum einen habe lange der Satz gegolten, dass Alkohol schlimmer sei als Cannabis. Zum anderen sei auf breiter Ebene über die Legalisierung diskutiert worden – weswegen viele Jugendliche und junge Erwachsene beim Rauchen eines Joints nicht einmal das Bewusstsein hätten, etwas Illegales zu tun.

In der Konsequenz sei in der Clique heute „der Unnormale“, wer noch nie an einem Joint gezogen habe. Staatsrat Wersich: „Es besteht ein enormer Gruppendruck.“

Nicht ganz so schlimm sieht es in Hamburg beim Alkoholkonsum und beim Rauchen aus. Doch Gesundheitssenator Drägers Auge bleibt wachsam. Er sehe sich in seinem „Leitbild einer drogenfreien Kindheit und Jugend“ bestärkt, teilte der Senator mit. Dazu brauche er allerdings eine „breite gesellschaftliche Unterstützung“. Ob er die bekommt? Elke Spanner