Senat bekam es nicht geregelt

Senat vertagt den beschluss zum Nachtragshaushalt: Die SPD streitet für Geld fürs Sozialressort. Der Finanzsenator schlägt dem Senat vor, das Loch, das der Kanzlerbrief gerissen hat, mit Bankkrediten zu füllen

Schluss mit der simulierten Verfassungskonformität des Haushalts

bremen taz ■ Bürgermeister Henning Scherf hat gestern einen Brief seiner Partei bekommen. Inhalt: Den Nachtragshaushalt, den der Finanzsenator vorgelegt hatte, könne die SPD so nicht mitmachen, steht sinngemäß darin. Die Regie konnte nicht schlechter sein: Als das Thema in der Fraktionssitzung der SPD am Montag beraten worden war, waren weder der Finanzsenator noch der Chef der Senatskanzlei vertreten. Geschweige denn der Bürgermeister. Also erfuhr der es per Post.

Eigentlich war alles klar. Die im Haushalt 2005 geplante Einnahmeerwartung aus dem Kanzlerbrief in Höhe von 509,3 Millionen Euro muss „durch eine Kreditermächtigung ersetzt werden“. So schlicht lautet der Satz, mit dem der Finanzsenator den Schlussstrich unter das Kanzlerbrief-Drama ziehen will. Jeder weiß: Die Neuverschuldung allein für das Jahr 2005 klettert damit über die Milliarden-Grenze. Das hat die grüne Haushaltspolitikerin Karoline Linnert vor einem Jahr schon prognostiziert: Die Verfassungskonformität des Haushaltsplanes werde vor allem „simuliert“, weil Bremen für 2005 von Einnahmen auf Grundlage des Kanzlerbriefes in Höhe von 511 Millionen Euro ausgehe, sagte sie im Juni 2004. Jeder wisse, dass im Bundeshaushalt keine entsprechenden Ausgaben für Bremen eingeplant seien. Aber mit der schönen Hoffnung auf den Berliner Millionensegen konnte das Problem vertagt werden. Da man jetzt gerade beim großen Reinemachen ist, sollten 39 Millionen Euro „Kredit für den Space-Park“ mit ausgebucht werden, die Bremen den amerikanischen Experten der ProFun-Gesellschaft trotz aller Beteuerungen gegeben hatte, dass das Land den privaten Unternehmern nicht das Betreiberrisiko abnehmen wolle.

Aber nicht nur deswegen ist der im Juli 2004 beschlossene Haushalt nicht mehr haltbar. Ein „Hingewürge“ sei der Haushaltsentwurf 2004/2005, ein „Machwerk“ besonders schlechter Qualität, hatte Linnert damals gesagt: „Unzulässige Schönungen“ gebe es da auch in verschiedenen Ressortbereichen, und mit „unseriösen“ Buchungen werde der Eindruck erweckt, der Haushaltsplan sei verfassungskonform.

Auf 60 Millionen Euro summierte das Finanzressort im Herbst 2004 den Abstand zwischen dem beschlossenen Zahlenwerk und den absehbaren Ausgaben und Einnahmen – eine Summe, für die die Ressorts „Deckungsvorschläge“ machen sollten. Die CDU setzte durch, dass damals nicht mit dem Rotstift kleinere Grausamkeiten versucht wurden. Zusammen mit dem großen Problem des Kanzlerbriefes sollte die Lücke bearbeitet werden – oder eben in dem großen Loch verschwinden.

Die Zeit ist nun gekommen – nichts ist bearbeitet. Nach dem Vorschlag des Finanzsenators sollten diese 60 Millionen Euro nicht einfach auf den Berg der Neuverschuldung oben draufkommen, sondern irgendwie im Laufe des Jahres zum Verschwinden gebracht werden. „Die Nachforderungen der Ressorts für das Jahr 2005 können nicht anerkannt werden“, heißt es knapp in der Beschlussvorlage des Finanzressorts. „Es verbleibt bei den von der Bremischen Bürgerschaft festgelegten Haushaltsanträgen 2005.“

Das Spiel „Kommt Zeit, kommt Rat“ sollte also weitergehen. Dem wollte sich die Sozialsenatorin nicht anschließen und forderte die Anerkennung von 9,6 Millionen Euro Mehrbedarf für ihr Ressort. Damit brach der Streit offen aus, der Senat konnte sich nicht verständigen.

Nun soll alles am kommenden Sonntag noch einmal erörtert werden, wenn der Koalitionsausschuss auch die Probleme der kommenden Jahre auf dem Tisch hat. kawe