Kunstrundgang: Meike Jansen schaut sich in den Galerien von Berlin um
Was ist eigentlich Kitsch? Die Herkunft des Wortes ist nicht eindeutig geklärt. Als englischsprachige Touristen im 19. Jahrhundert nur wenig Geld für ein Bild ausgeben wollten, verlangten sie eine Skizze, „a sketch“. Aus diesem Wort soll angeblich die Bezeichnung „Kitsch“ entstanden sein. Fest steht: „Essenzielle Qualifikationen des Kitsches sind seine Trivialität, seine Wiederholbarkeit und fehlende Authentizität“, so der Brockhaus. Die Japanerin Takako Kimura spielt mit dieser Definition, die man nur allzu schnell mit Kimuras Herkunftsland in Verbindung bringt. Dazu lässt sie aus meist winzigen, mal glänzenden, mal mit Wackelaugen oder Plüsch verzierten Stickern Einmaliges entstehen. Hunderte Häschen ergeben so einen etwa 1,5 Meter großen Hasen, in dem alle Wesensarten von wütend über lustig bis melancholisch abgebildet sind. Schildkröten und kugeläugige Giraffen sowie 23 weitere Tierarten hängen einem hier als Sinnbild menschlicher Gemeinschaft auf Augenhöhe gegenüber.Genau wie Olaf Nicolais Spiegelbilder des Glamour, die allerdings eher bedrücken. Wenn man etwa das erste Mal zwischen den 42 Fotografien blondierter Menschen steht, überstrahlt deren Haarfarbe alle anderen Wesenszüge. Deutsch und blond, puckert es im Kopf. Entstanden ist die Serie allerdings in Einkaufszentren in Tilburg und Amsterdam, wo Nicolai einen Fachmann engagierte, der Interessierten die Haare entfärbte. Denn auch in den Niederlanden sind die wenigsten von Natur aus blond, die Identifikation mit den Schönen und Reichen aber dennoch gewollt. Und die sind eben oft blond. Denn Blond ist selten und bedarf aufwendiger Pflege. Schaut man sich die Porträtierten dann genauer an, meint man, nach und nach erfassen zu können, welches Vorbild Pate stand. Ob aber Diva, Drag oder einfach Strunz – es wirkt kitschig.
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