Die Tonne des Dr. Götz

Saarbrücken stemmt sich gegen höhere Müllgebühren. Der Widerstand speist sich aus einem Abfallbehälter

SAARBRÜCKEN taz ■ Doktor Nikolaus Götz aus dem Saarbrücker Stadtteil Malstatt schleppt neuerdings eine grüne Tonne mit sich herum. Darin liegen die Unterlagen der Bürgerinitiative gegen das Erhöhen der Müllgebühren in der Landeshauptstadt um satte 32 Prozent.

In der Götz’schen Tonne liegt auch die länger werdende Unterschriftenliste mit den Namen derer, die nicht bis zu 500 Euro im Jahr für die Entsorgung ihres Haushaltsmülls zahlen wollen. An einem Mittwoch im eiskalten Februar zog Götz seine Tonne durch die Breite Straße in der Unteren Malstatt und über die Schwelle des Bistros „Breite 63“ zum Treffen der „Bürgerinitiative gegen unmoralische Müllgebühren“. Und unter dem Beifall der 50 Müllgebührenverweigerer aus allen Schichten der Bevölkerung zog er ein gelbes Flugblatt aus der Tonne: „Wir lassen uns nicht schlachten! Schluss mit der unmoralischen Abzocke bei der Müllentsorgung!“

Hinter Götz und seinen Aktivisten stehen inzwischen knapp 10.000 Einwohner von Saarbrücken. So viele Menschen haben bisher Widerspruch gegen die Gebührenerhöhung des Zentralen Kommunalen Entsorgungsverbandes (ZKE) eingelegt, die von der Stadtverordnetenversammlung mit den Stimmen von CDU, FDP und SPD im Januar abgesegnet worden war. Inzwischen hat die FDP die Bevölkerung zum Einlegen von Widersprüchen gegen die Gebührenbescheide aufgerufen.

Sehr zum Unmut von Martin Karren, dem Fraktionsvorsitzenden der Union. Der erklärt, dass die Stadt den überregionalen Entsorgungsverband Saar (EVS) doch aufgefordert habe, die Hintergründe für die „angebliche Kostenexplosion“ bei der Müllverbrennung zu erläutern. Die von der EVS an den kommunalen Entsorger ZKE weitergegebenen Kosten seien schließlich der Grund für die erhöhten Müllgebühren. Noch im Dezember hatte Karren erklärt, dass ein Steigen der Müllgebühren „unausweichlich“ sei. Der massive Bürgerprotest in einer der ärmsten Großstädte Westdeutschlands scheint also zu wirken.

Auch der für Abfallentsorgung zuständige grüne Bürgermeister Kajo Breuer spricht vom Widerspruch der Stadt gegen die Kostenexplosion. Vielfach wird im Rathaus ein Racheakt der EVS an den Kommunen im Saarland vermutet, die im letzten Jahr aus dem EVS ausgetreten waren; neben Saarbrücken noch St. Wendel, Lebach und Völklingen.

Den Bürgern ist das egal. Sie wollen renitent bleiben, auch wenn der EVS die Kostensteigerung begründen kann. „Ich zahl nicht, eher geh ich ins Kittchen“, sagte eine Bürgerin in der „Breite 63“. Und dass der Kampf weitergehe. Das ist Götz einen Trommelwirbel auf der Tonne wert. Es scheppert hohl.

KLAUS-PETER KLINGELSCHMITT