KOMMENTAR VON FELIX LEE
: Falsche Feindbilder gewählt

Nach dieser Logik würde jede WG die Mieten im Kiez hochtreiben

Nachdem Gentrifizierungsgegner dem Luxusbauprojekt „Carloft“ die Kunden vergrault haben, haben sich nun zumindest einige von ihnen neue Opfer ausgeguckt. Doch anders als bei „Carloft“ sind es keine reichen Yuppies, die sie aus den linksalternativen Szenekiezen heraushalten wollen. Sie haben es mit den Baugruppen auf Leute aus dem eigenen Milieu abgesehen.

Das ist nicht nur bedauerlich, es zeigt auch, was für verblendete Radikalinskis zum Teil in der linken Szene herumschwirren, die sich ohne Reflexionsvermögen Feindbilder suchen. Sie haben es auf andere Linke abgesehen, darunter junge Familien und Hartz-IV-Empfänger, die in Zeiten rasant steigender Mieten einen Weg suchen, wie sie ihre Ansprüche an gemeinschaftliches und generationenübergreifendes Wohnen in ihren Kiezen aufrechterhalten können.

Die Debatte um Stadtumstrukturierung ist gut. Denn nachdem linke und kreative Kiezpioniere Prenzlauer Berg und Friedrichshain aufgegeben haben und nun stärker nach Kreuzberg und Neukölln drängen, stellt sich die Frage, was mit denjenigen geschieht, die sich Mieterhöhungen von 20 und mehr Prozent nicht leisten können. Doch diese Pioniere sind genauso wenig für teuere Mieten verantwortlich zu machen wie linke Baugruppen; demnach wäre jede WG schuldig. Es sind Mietspekulanten, die ohne Rücksicht auf Kiezstrukturen die Preise in die Höhe treiben. Wenn Gentrifizierungsgegner gegen sie aufbegehren würden – breite Unterstützung wäre ihnen sicher, weit über linke Kreise hinaus. Foto: Wolfgang Borrs

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