„Heute dazu nichts“

Springer bleibt schwarz: Auf der Bilanz-PK überließ der Springer-Chef das Spekulieren anderen und erging sich lieber in wetterfühligen Methaphern

AUS BERLIN STEFFEN GRIMBERG

Axel Springer, Europas größtes Zeitungshaus, kämpft um die Führung bei der TV-Familie ProSiebenSat.1 und bereitet die Herausgabe von Gratiszeitungen in Deutschland vor. Darüber reden wollte bei der gestrigen Bilanzpressekonferenz natürlich niemand. Dafür breitete sich angesichts der ordentlichen Geschäftszahlen (siehe Kasten), zu der die olle Cash-Cow Bild wie immer am meisten beitrug, lässiges Tauwetter aus.

Arg verklausuliert beteuerte Springer-Chef Mathias Döpfner, im TV-Geschäft gebe es eben zwei Möglichkeiten: Die bisherige kleine Beteiligung an der ProSiebenSat.1 AG (11,9 Prozent) können man entweder zu einem guten Preis verkaufen – oder eben „zu einer strategischen Größe entwickeln“. Da trifft es sich gut, dass die Holding von Haim Saban und weiteren US-Finanzinvestoren, die ProSiebenSat.1 für einen relativen Spottpreis aus dem Kirch-Untergang übernahm, derzeit streuen lässt, dass sie verkaufswillig ist. Das Geld bei Springer ist auch da: Mit rund 173 Millionen Euro an flüssigen Mitteln „haben wir uns ein gutes Polster verschafft, das im Bedarfsfall die Finanzierung erheblich höherer Summen ermöglichen würde“, so Döpfner. Die braucht’s auch, denn die US-Investoren wollen einen Teil ihres Investments bald versilbert sehen. Einen neuen Stand habe er, Döpfner, in Sachen ProSiebenSat.1 „aber heute nicht zu vermelden“. Klar bleibt: Elektronische Medien „sind ein wichtiger Baustein unseres Unternehmens. Sie sichern unsere Zukunftsfähigkeit und sind nach wie vor eine unserer drei strategischen Prioritäten“ – neben den Zeitungen und Zeitschriften.

Mit einem stärkeren Einstieg von Springer bei der Senderfamilie (Pro 7, Sat.1, Kabel 1, N 24) würde der bisherige Printkonzern auch bei den elektronischen Medien zum Medienmarktführer Bertelsmann (RTL-Gruppe, Buchclubs, Gruner + Jahr) aufschließen. „Vielleicht ist es am besten, wenn wir uns hier weiter zurückhalten und Sie weiter spekulieren“, beschied Döpfner die JournalistInnen – und wiederholte sich quasi umgehend bei der Frage nach dem angeblichen „Letter of Intent“, den Springer mit dem schwedischen Metro-Konzern in Sachen Gratiszeitungen für Deutschland vereinbart haben soll. Man habe „absolut kein Interesse“ an Gratiszeitungen in deutschen Landen und werde alles tun, „die Einführung zu verhindern“. Und darin hat Springer seit der ersten Umsonstblattwelle im Jahr 2000 ja Übung. Und was passiert, wenn es andere, Metro zum Beispiel, trotzdem machen, wurde gestern im Berliner Springer-Haus ebenfalls klar: „Wir sind vorbereitet. Jederzeit“, sagt Döpfner.

Viel Lob gab es übrigens für ein nicht ganz kostenloses, aber etwas günstigeres Produkt: Springer schwärmt über die Welt kompakt, die ihr Klassenziel, die gemeinsame Auflage beider Welten um 10 Prozent zu erhöhen, bereits locker erreicht hätte. Das sind allerdings maximal 20.000 Welt kompakt. Dafür sind die Kosten beim ewig zuschussbedürftigen Muttertitel so weit zusammengespart, dass Döpfner hier irgendwann schwarze Zahlen nicht mehr ausschließen kann. Jedenfalls wenn der Anzeigenmarkt wieder anzieht.

Und dafür, so spekulierte der für seine wetterfühligen Methaphern bekannte Springer-Chef, gäbe es ja wirklich Anzeichen: „Der Anzeigenwinter ist vorbei, der Schnee schmilzt.“ Beim Verlassen des Springer-Hochhauses zeigte das Thermometer knapp über 3 Grad.