Studiengebühren führen zu Schutzzöllen

Bei ihrem Treffen müssten sich die Kultusminister der Länder heute darauf einigen, sich gegenseitig die Studienkosten ihrer Abiturienten zu erstatten. Nein, sagen Minister der reichen Länder. Es drohen Abschottungsgebühren

BERLIN taz ■ Vereint oder vereinzelt – auf ihrer heute beginnenden Sitzung beraten die Kultusminister der Länder, wie es in Sachen Studiengebühren weitergehen soll. Der rheinland-pfälzische Wissenschaftsminister Jürgen Zöllner (SPD) wirbt für sein Modell. Danach sollen die Länder sich gegenseitig die Studienkosten ihrer Abiturienten – rund 5.900 Euro pro Person im Jahr – erstatten, egal ob sie Studienkonten, Gebühren oder nichts dergleichen bevorzugen.

Nach Zöllners Modell würden Länder profitieren, die mehr Akademiker ausbilden, als zum Arbeiten bleiben. Dazu zählen die Ost-Länder und die Stadtstaaten Hamburg, Bremen und Berlin. Kein Wunder, dass der Berliner Wissenschaftssenator Thomas Flierl (PDS) sich auf Zöllners Seite schlägt. Nach einer schnellen Kalkulation des Berliner Senators könnten jährlich etwa 200 Millionen Euro zusätzlich in die Kassen seiner Hochschulen fließen. „Damit ließe sich schon Hochschulpolitik machen“, frohlockt Flierl, Bremens Wissenschaftssenator Willi Lemke (SPD) ist ebenfalls Zöllner-Fan. Sie hoffen darauf, dass sich die klammen neuen Länder ebenfalls begeistern lassen.

Das CDU-regierte Thüringen will erst einmal „beobachten und dann entscheiden“, heißt es aus dem Kultusministerium. Auch im schwarz-rot regierten Sachsen ist alles offen. SPD-Wissenschaftsministerin Barbara Ludwig würde sich in einer Abstimmung wohl enthalten, heißt es aus dem Ministerium.

Sinnvoll sei sein Modell aber nur, wenn sich alle Länder darauf verständigten, sagt Zöllner. Doch das ist unwahrscheinlich. Ein Sprecher des baden-württembergischen Kultusministeriums hält den Vorschlag für „verrückt“. Minister Peter Frankenberg (CDU) spottet: „Wir würden einen speziellen Hochschulfinanzausgleich sofort akzeptieren, wenn wir dafür im Gegenzug den für Baden-Württemberg besonders teuren allgemeinen Finanzausgleich abschaffen.“

Für den wahrscheinlichen Fall, dass sich die Länder nicht auf seinen Vorschlag einigen, plant Zöllner eine Art Schutzzoll, um sich vor dem erwarteten Run auf gebührenfreie Unis zu schützen. Kostenlos dürfen demnach nur die eigenen Landeskinder und besonders begabte landesfremde Deutsche und Zuwanderer das heimische Bildungsangebot genießen. Das Verfassungsgericht hat die so genannte Landeskinderregel vergangene Woche für Schulen gebilligt. Flierl hat die Heimatschutz-Option für sein Land ebenfall als Notlösung geplant.

Die Vorsitzenden der SPD-Fraktionen in Land- und Bundestag haben auf ihrem Treffen in der letzten Woche angeregt, das Zöllner-Modell erst einmal nur in SPD-regierten Ländern einzuführen. ANNA LEHMANN