Achselzucken für Deutschland

Gerhard Schröder lädt die Unions-Chefs Merkel und Stoiber ins Kanzleramt, um darüber zu sprechen, wie Deutschland denn nun zu retten sei. Sogar Joschka Fischer darf mitmachen. Allzu viel erwarten aber selbst die Teilnehmer nicht von dem Gespräch

VON ULRIKE WINKELMANN

Niemand könnte behaupten, dass der „Jobgipfel“ beim Kanzler mit übermäßigen Erwartungen befrachtet würde.

Selbst die Teilnehmer waren in den vergangenen Tagen sichtlich um achselzuckende Trockenheit bemüht. Jedenfalls sollte dem Vorwurf, ein Spitzentreffen zum Thema Arbeitslosigkeit sei bloße Inszenierungspolitik, nicht unnötig Nahrung gegeben werden. „Es ist positiv, dass der Bundeskanzler Gerhard Schröder die Initiative der beiden Parteivorsitzenden von CDU und CSU aufgegriffen hat“, ließ CSU-Chef Edmund Stoiber gestern verlautbaren.

Mittags hatte Regierungssprecher Béla Anda erklärt, der Kanzler lade Angela Merkel und Edmund Stoiber für Donnerstag, 17. März, um 20 Uhr zum Gespräch ins Kanzleramt ein. Und Außenminister Joschka Fischer sei auch dabei. Donnerstagmorgens wolle Schröder im Bundestag eine „Zwischenbilanz zur Reformagenda 2010“ ziehen.

In den kommenden sieben Tagen wird nun zweierlei zu klären sein: Wer bestimmt die Tagesordnung des Treffens, und wer darf die Bestimmung der Tagesordnung als Sieg verbuchen. Die Union hatte vergangene Woche vorgelegt: Sie will ihren „Pakt für Deutschland“ zur Ankurbelung der Wirtschaft diskutieren. Diesen Zehn-Punkte-Plan jedoch hat die SPD längst einhellig und öffentlich zurückgewiesen.

Der Arbeitsmarktexperte Klaus Brandner verbreitete gestern ein zwölfseitiges Papier, das er als Argumentationshilfe für die Fraktion erstellt hatte: Von der Senkung des Beitrags zur Arbeitslosenversicherung bis zum Bürokratieabbau im Arbeitsschutz lautet das Urteil: „kein solides Modell“, „weiterhin abgelehnt“, „weder fachlich noch rechtlich zu halten“.

Der Kanzler hat seinerseits erklärt, er wolle gerne über „Umsetzung der Arbeitsmarktreformen, Spitzenuniversitäten und Eigenheimzulage“ sowie über die „Weiterentwicklung der Pflegeversicherung“ und die „Fortentwicklung der Unternehmensbesteuerung“ reden. Einzige Schnittmenge der Regierungs- und Oppositionsideen ist demnach der letzte Punkt: die Unternehmensteuer (siehe auch Text unten). Die steht bei der Union sowieso dauernd auf der Tagesordnung. Und nicht umsonst dürfte Wirtschaftsminister Wolfgang Clement seit Wochen trotz eisigen Gegenwinds von Finanzminister Hans Eichel (beide SPD) für einen Umbau der Unternehmensteuer werben.

Die Grünen waren gestern erleichtert, dass es von ihnen wenigstens Joschka Fischer noch an den Kanzlertisch geschafft hat. Zunächst sollten sie das Treffen allenfalls mit vorbereiten. Parteichef Reinhard Bütikofer erklärte der taz, es sei „noch nicht klar, ob eine Unternehmenssteuerreform bis dahin konkret angepackt werden kann“. Immerhin aber habe die Union inzwischen signalisiert, sie sei bereit, über eine Gegenfinanzierung nachzudenken. Zur Pflegeversicherung, sagte Bütikofer, „erwarte ich nicht, dass bei dem Treffen mehr als eine Verabredung über den Zeitplan möglich ist“.