Planwirtschaft im oberbergischen Land

Handball-Bundesligist VfL Gummersbach ist im Rückspiel des EHF-Pokals zum Siegen verurteilt. Mit dem Geld aus dem internationalen Geschäft will der Rekordmeister endlich wieder an alte Zeiten anknüpfen – spätestens in drei Jahren

GUMMERSBACH taz ■ Irgendwie hatte sich Handball-Bundesligist VfL Gummersbach die Rückkehr in die glorreiche Zukunft anders vorgestellt – leichter vor allem. Der deutsche Rekordmeister wollte spätestens in drei Jahren wieder in der deutschen und europäischen Handballspitze mitmischen. Wie schon in den 70er und 80er Jahren als die Oberbergischen ein Dutzend Meisterschaften feierten und auch europaweit etliche Pokale abräumten. Der Etat wurde dafür mal schnell verdoppelt, Spitzenspiele 70 Kilometer westlich in die Kölnarena verlegt.

Doch es läuft nicht wirklich rund. In der Bundesliga kratzt der VfL an den Plätzen, die zur Teilnahme an einem internationalen Wettbewerb reichen. Platz sieben. Tendenz gleich bleibend. Zwar gab es zuletzt einen Auswärtssieg in Wilhelmshafen, zuvor kassierten die Gummersbacher allerdings eine Heimniederlage gegen den THW Kiel – die zweite der laufenden Saison.

International läuft es nicht viel besser. Im Hinspiel des EHF-Pokals (vergleichbar mit dem Uefa-Cup im Fußball) gab es beim eher zweitklassigen ungarischen Vertreter Dunaferr SE eine 30:35-Niederlage. Samstagabend in der Kölnarena muss also ein Sieg mit sechs Toren Differenz her. Ansonsten droht es im ehrgeizigen Dreijahresplan schon jetzt erste Risse zu geben. Als „das wichtigste Spiel seit einem Jahrzehnt“, bezeichnet Aufsichtsratschef Hans-Peter Krämer die Partie. Noch vor Wochen hatte Krämer die Spieler in einem Interview mit dem Kölner Stadt Anzeiger als „gedankenlos“, „unkonzentriert“ und als „Weißbrötchen-Generation“ gescholten. Damals, nach einer Niederlage beim Tabellenletzten Post Schwerin war klar, dass das Ziel, „ein Platz unter den ersten Drei“ zumindest in der laufenden Saison nicht zu realisieren sei. Dennoch: Das internationale Geld wird für die Zukunft – dem Fußballbundesligisten Borussia Dortmund nicht völlig unähnlich – einkalkuliert.

Die Gummersbacher Homepage zieht mit. Seit Dienstag läuft dort der Countdown zum Spiel. Mit Statements der Spieler, Wissenswertes zum Reglement und anderen Infos. Immerhin: 11.000 Karten wurden bislang verkauft. „Mindestens 14.000 Fans werden dem VfL Gummersbach am Samstag den Rücken stärken und dabei die guten alten Zeiten aufleben lassen, in denen vor ähnlichen Kulissen in der Westfalenhalle in Dortmund Handballgeschichte geschrieben wurde“, schwört der Verein sein Umfeld ein.

„Man hat gesehen, dass meiner Mannschaft im Europacup die Erfahrung fehlt“, sagte der nicht mehr ganz so unumstrittene Trainer Richard Ratka nach dem Hinspiel. Dagegen spricht: Mit den Nationalspielern Mark Dragunski, Frank von Behren, dem Südkoreaner Kyung-Shin Yoon, dem Jugoslawen Ivan Lapcevic, Cédric Burdet aus Frankreich oder dem norwegischen Torhüter Steinar Ege stehen etliche erfahrene Spieler in den Reihen der Gummersbacher.

„Wir ziehen ins Halbfinale des EHF-Pokals, weil die Kölnarena unsere Halle ist und der Gegner hier nichts zu melden hat“, gibt sich Frank von Behren daher siegessicher. Sollte er sich irren, könnten aus den anvisierten drei Jahren auch mal schnell fünf, zehn oder noch mehr werden.

HOLGER PAULER