Theater
: Terror ohne Bomben

Eine Bombe blockiert die Startbahn. Eine Bombe? Nun ja, ein Koffer. Aber es könnte ja eine Bombe drin sein, oder? Unheil witternde Reisende spekulieren über die Gründe, warum keine Maschinen starten: Auftakt des Stückes „Terrorismus“ der russischen Brüder Oleg und Wladimir Presnjakow, das zur Zeit in ganz Europa Erfolge feiert und am letzten Samstag im Kölner Theater im Bauturm Premiere hatte.

Ist das Ganze vielleicht nur ein Alptraum? Immerhin sieht das Bühnenbild (Nicole Caroline Kritzler) aus wie das Boudoir von Barbie: barocke Kommoden, ein schnörkeliges Bettgestell, ein rosa Perlenvorhang. Doch jenseits der Puppenstubenoptik lauert der Terror, dem sich das Stück in alptraumartigen Sequenzen nähert.

Es geht nicht um Bomben oder Attentate. Es geht um das alltägliche Leben, in dem wir unsere eigenen Terroristen sind. Szenen über sadistische Chefs und kleine Schikanen wechseln mit solchen über erzwungenes Sich-Verhalten-Müssen, auf Linie getrimmte Lebensläufe und entsetzliche Routine, der nur mit Fesselspielen und Gewaltfantasien begegnet werden kann, damit unsere Zwangsvorstellung des Ständig-was-erleben-Wollens zu ihrem Recht kommt.

Doch es bleibt nicht beim Körper- und Beziehungsterror. In teils eindrucksvollen, teils etwas grellen Bildern inszeniert Harald Demmer auch den Terror der Vorurteile und die Terrorakte innerhalb der Armeen. Da werden „Weicheier“ von ihren Kameraden grausam gequält, während Vorgesetzte vollmundig über Anti-Terror-Einsätze schwadronieren.

Die Bauturm-Inszenierung des Bühnenerfolgs aus Russland schwankt zwischen packend und putzig, ist stellenweise etwas hysterisch, dann wieder allzu existenzphilosophisch-plaudrig, bleibt aber immer spannend. Letzteres liegt sicher auch an der Livemusik im Hintergrund (Arni Arnold), die sich nie aufdrängt, aber durchweg präsent ist und leise von Bedrohung und Suspense spricht.

Deutlich, manchmal überdeutlich die Botschaft des Abends: Den Terror machen wir. Wir leben in unserem eigenen Kalten Krieg, hochgerüstet durch Zwänge, Obsessionen, Erwartungen und Verfehlungen. Den Terror in unserer Umwelt und unseren Hirnen finden wir normal, lullen uns in ihm ein und reden ihn herbei. Dass in den Nachrichten so viel von Terror zu sehen und zu hören ist - es liegt daran, dass Menschen wie wir ihn erfinden. HOLGER MÖHLMANN

Terrorismus, Theater im Bauturm, Köln, Aachener Str. 24, Tel. 52 42 42, nächste Vorstellungen: 11., 12., 16.-19.3., jeweils 20 Uhr