Kampf der Küsten

Wenn nichts mehr geht, geht immer noch Kultur: In Mecklenburg-Vorpommern soll der Tourismus mit dem Petermännchen befördert werden, und in Schleswig-Holstein will man mehr Nightlife für Kinder

So schön ist es in Mecklenburg: In jedem Herrenhaus wohnt noch ein Schlossgeist

von Daniel Wiese

Sie sind beide eher flach geraten, sie haben Seen und schöne Küsten und viel Wind. Nicht so berühmt sind die Länder Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern für ihr Nachtleben und ihre Kultur. Doch das soll sich ändern.

Rechtzeitig zur heute beginnenden Internationalen Tourismusbörse in Berlin machten beide Länder mit neuen Vorschlägen auf sich aufmerksam. So plant Mecklenburg-Vorpommern eine „Sagen- und Märchenstraße“. Sie soll von Schwerin nach Rügen führen. Von Rügen soll der berühmte Pirat Störtebeker stammen. Und aus Schwerin? Kommt das „Petermännchen“.

Die Geschichte des Petermännchens sei „noch nicht so über die Landesgrenzen hinaus bekannt“, gibt Manfred Pöhls von der „Petermännchen-Kulturfördergesellschaft des alten Brauchtums“ zu. Das Petermännchen ist ein verwunschener Prinz, der in Zwergengestalt irgendwo beim Schweriner Schloss herumspukt und Gutes tut. Und irgendwie hängt die Geschichte mit einer anderen zusammen, nach der Schwerin eigentlich in einem See versunken ist. Schwerin, wie es heute als Landeshauptstadt dasteht, ist gar nicht das richtige Schwerin. „Schwerin ist nie wieder aufgetaucht“, sagt Brauchtumsforscher Pöhls.

„Das ist ja keine Initiative, die von uns kommt, aber wir finden die Idee positiv“, sagt René Hingst vom Tourismusverband Mecklenburg-Vorpommern, der das Marketing übernehmen wird. Bis dahin sind die Mecklenburger und Vorpommern dazu aufgerufen, bei ihnen vorkommende Legenden, Sagen und Märchen an die Petermännchen-Gesellschaft zu melden. Über die Erfolgsaussichten ist der Tourismusverband optimistisch: „Wir sind die Gegend mit der höchsten Dichte an Schlössern und Herrenhäusern,“ sagt Hingst. „Und in jedem Herrenhaus haben Sie einen Schlossgeist.“

Weiter fortgeschritten, aber ebenso überraschend ist eine Initiative aus Schleswig-Holstein. Sie nennt sich „Nightlife für Kinder“. „Unser Ziel ist es, Städte auch abends für Kinder interessant zu machen“, sagt Johann W. Wagner von der „Marketingkooperation Städte in Schleswig-Holstein“. Zu ihr gehören die Orte Bad Bramstedt, Bad Segeberg, Flensburg, Glückstadt, Itzehoe, Kiel, Lübeck, Neumünster, Mölln und Rendsburg. Dort nachts etwas zu unternehmen, fällt sogar Erwachsenen schwer, „Nightlife für Kinder“ hat darum vorgesorgt und Angebote für die Sommer- und die Herbstferien entwickelt. Immer von Donnerstag bis Samstag werden die Kinder „von Erziehern und ausgebildeten Pädagogen“ betreut, je nach Programm („Schatzsuche auf der Kieler Förde“, „Schlemmernacht mit Meisterköchen in Mölln“) kostet das zwischen fünf und 40 Euro.

Fragt sich bloß, was die Eltern solange tun. Doch auch da haben die zusammengeschlossenen Städte von Schleswig-Holstein ein Angebot: die „Sternstunden“. Je nach Seelenlage bieten die Städte Komplettpakete an. Bei Mobbing zum Beispiel ein „Antifrust-Wochenende in Lübeck“, die Samstagsausgabe der FAZ mit Stellenmarkt inklusive – und einen Kinogutschein für eine Komödie, denn: „Lachen hilft immer“. Doch vielleicht gibt es ja auch Eltern, die so ein Programm gar nicht brauchen. Es ginge, wie Johann W. Wagner von der Städte-Kooperation vorsichtig formuliert, darum, „einmal einen ungestörten Abend für sich zu haben“. Wird Schleswig-Holstein zum Vögelparadies für junge Eltern?

Was die Erziehungsberechtigten in ihrer freien Zeit auch treiben – dass sie auf der Suche nach dem Nachtleben noch spät durch Kiel oder Lübeck irren, ist von vornherein ausgeschlossen. Klug, wie die Marketingleute sind, haben sie das „Nightlife für Kinder“ terminiert. Es endet um 23 Uhr.