Die große Hafenkoalition

CDU und SPD plädieren in der Bürgerschaft für viele Millionen Hafeninvestitionen und prügeln auf GAL-Abgeordneten Kerstan ein, der die heilige Kuh in Frage gestellt hatte

Selten erlebt die Bürgerschaft so viel Eintracht zwischen CDU und SPD, wie wenn es um die Bedeutung des Hamburger Hafens geht. Ungeachtet dieser großen Standortkoalition wiederholte der GALier Jens Kerstan bei der gestrigen Debatte über den Hafenentwicklungsplan 2005 seine Kritik an den 746 Millionen Euro, die der Senat bis 2009 in den Hafen investieren will.

Die Mittel der klassischen Standortpolitik hätten nicht gegriffen, um die Massenarbeitslosigkeit in den Griff zu bekommen, sagte Kerstan. Ihm sei klar, dass der Überbringer unangenehmer Nachrichten „gerne ans Kreuz geschlagen“ werde. Doch fielen jährlich 1.200 Arbeitsplätze im Hafen weg. Der GAL-Wirtschaftsexperte erneuerte seinen Vorschlag, einen Teil der Millionen in Kultur, Medien oder Gesundheitswesen zu investieren.

Für nicht zu verantworten hielt das, mit gusseisernem Lächeln, Hafensenator Gunnar Uldall: „Es mag intellektuell interessant sein, diese Gedanken weiter zu verfolgen, aber sie sind fern von der Realität.“ Stecke man jetzt etwa dieses Geld in die Filmförderung, „dann werden zwar Schauspieler eingestellt – aber sobald der Film abgedreht ist, werden die wieder arbeitslos“, fachsimpelte Uldall. „Wir jedoch investieren in die Infrastruktur.“ Und dabei könne der Senat auf keinen Euro verzichten: „Das finanzielle Paket ist die Untergrenze von dem, was absolut erforderlich ist.“

Der CDU-Abgeordnete Olaf Ohlsen hatte zu Beginn der Debatte ein kerniges Halleluja auf die „Wachtumslokomotive Hafen“ angestimmt. Kerstan müsse aufpassen, mit seinen „populistischen Negativschlagzeilen eines Dauermiesepeters“ nicht zum „Arbeitsplatzvernichter und Totengräber“ zu werden. „Der Hafen ist der Wachstumsmotor der Hamburg Wirtschaft“, betete der gelernte Seemann andächtig das hanseatische Credo herunter, lobpries die Zuwachsraten im Containerumschlag und wies hin auf die Unabdingbarkeit einer weiteren Elbvertiefung (siehe Seite 24).

Für die SPD prügelte deren Hafenexperte Ingo Egloff auf Kerstan ein. „Zeigen Sie mir einen Wirtschaftsbereich, wo es durch Rationalisierung keinen Arbeitsplatzverlust gegeben hat“, so Egloff zum GAL-Mann. Selbstredend unterstütze die SPD das Sonderinvestitionsprogramm.

Auch der Unternehmensverband Hafen Hamburg (UVHH) übte heftige Kritik an der Haltung der GAL. Die Investitionen seien im Interesse der Arbeitsplätze unabdingbar, ließ Präsidiumsmitglied Hubertus Ritzke wissen: „Wie risikobehaftet die starke Konzentration auf ortsungebundene Wirtschaftsbereiche sein kann, zeigt die Verlagerung namhafter Medienunternehmen nach Berlin.“ Der Hafen jedoch sei standortgebunden, so Ritzkes Verbandsprosa, und bleibe eine feste, verlässliche Größe für Hamburg. Markus Jox