Berliner Platte 2
: Schöne Melodien brauchen keine Worte

Berlins mittlerweile schon etwas altbackene Reputation als eine der Hauptstädte des Techno hat man auch und nicht zuletzt Juan Atkins zu verdanken, der schon in den frühen 90er-Jahren dem heimatlichen Detroit, das ihn und seine Pionierkollegen allzu lange verkannte, immer wieder mal gern den Rücken kehrte, um in Berlin aufzulegen, auf einem Berliner Label zu veröffentlichen oder gleich ein paar Monate in Berlin zu leben. Das erste Album des ideellen Ehrenberliners seit 1998 trägt denn auch den lokalpatriotischen Titel „The Berlin Sessions“, erscheint mal wieder auf Tresor, hat aber rein gar nichts von einem klassischen, so genannten Berliner Brett. Fast liebevoll rekonstruiert der Altmeister den frühen Detroiter Sound, als die Maschinen begannen zu grooven, die Transformatoren den Funk lernten und die Bassboxen plötzlich Soul hatten. Dazu braucht der überzeugte Purist Atkins natürlich keine Texte, keine Gesangsparts, noch nicht einmal Titel für seine Tracks. Denn die wissen auch so, wie es in den 70er-Jahren in einer Discotheque zuging, vergessen nicht die Schönheiten des Silicon Valley und verehren immer noch und vor allem Kraftwerk. Aber selbst die haben niemals solche Melodien programmiert. TO

Juan Atkins: The Berlin Sessions (Tresor/Sony)