Wir sind die Besten

Bei den LeadAwards wurde erst vor zu viel Kommerz gewarnt. Und dann von auffällig besetzten Jurys nahe liegende Preisentscheidungen getroffen

AUS HAMBURG HANNAH PILARCYK

Eine Fotostrecke aus dem Lifestyle-Magazin Max: Models als Manga-Figuren gestylt, die Fotos digital überarbeitet. Dazu eine Seite mit erläuterndem Text, darunter ein kurzes Statement des Fotografen, der eine bestimmte Digitalkamera lobt, weil diese die Bilder erst möglich gemacht habe. Auf der nächsten Seite: eine Anzeige mit besagter Digitalkamera, als illustrierendes Foto ein Model als Manga-Figur gestylt. Zwei Tasten gedrückt, zwei Power-Point-Bilder mit der Fotostrecke und der Anzeige auf die großen Bildschirme gejagt – und der ehemalige Tempo-Chefredakteur Markus Peichl hatte seinen Punkt in Sachen Vermischung redaktioneller Inhalte und Werbung klar gemacht, Teil seines beeindruckenden Vortrags zum Thema „Zeitschriftentrends: die Bremswirkung der Beschleunigung – warum sich auf dem Zeitschriftenmarkt viel bewegt, aber wenig tut“ auf dem Symposium zu den LeadAwards 2005.

Hinter Peichl, auf der Wand, die das Podium begrenzte, war dezent das Logo des Spiegels, eines der vier Hauptsponsoren, zu sehen. Der Spiegel gewann übrigens den Preis für das beste Cover. Spiegel Online wurde als „News-Onlinemagazin des Jahres“ ausgezeichnet.

Seit 1992 zeichnen die LeadAwards die beste Zeitschriften- und Medien-Gestaltung aus, seit 2001 leitet Peichl die LeadAcademy, die die Preisverleihung organisiert. Hauptberuflich ist Peichl Redaktionsleiter der Talkshow „Beckmann“ mit Reinhold Beckmann. Doch nicht Beckmann moderierte die Preisverleihung, sondern, weil Beckmann krank war, Jörg Thadeusz vom RBB.

Amüsant führte Thadeusz durch den Abend mit seinem strammen Programm von insgesamt zwanzig Preisen. In vier Kategorien („Fotografie“, „Zeitschriften“, „Online“ und „Anzeige“) wurden die führenden deutschen Mediengestalterinnen und -gestalter des Jahres 2004 ausgezeichnet. Nicht minder Macher-mäßig besetzt waren die vier Jurys, die die Preise vergaben. In der „Fotografie“-Jury saßen unter anderem Eva Fischer, Fotoredakteurin beim SZ-Magazin, Florian Illies, Herausgeber des Kunstmagazins Monopol, sowie Tom Jacobi aus der Art Direktion des Sterns. Als „Reportagefotografie“ und als „Still-Life-Fotografie des Jahres“ wurden übrigens Fotostrecken aus dem SZ-Magazin ausgezeichnet, die „Porträtfotografie des Jahres“ stammt aus Monopol, das „Foto des Jahres“ wurde dem Stern entnommen. Ebenso hochkarätig die „Zeitschriften“-Jury: Hier entschieden unter anderem Angelika Jahr, Vorstandsmitglied bei Gruner + Jahr, Thomas Osterkorn, Chefredakteur des bei G+J erscheinenden Sterns, sowie Ingrid Kolb, Leiterin der zu G+J-gehörenden Henri-Nannen-Journalistenschule. Es gewannen: die G+J-Zeitschrift Geo den Preis als „Lead Magazin des Jahres“ und der Stern für seinen Tsunami-Artikel „Mutter Erde, was tust du uns an?“ den Preis für den „Reportagebeitrag des Jahres“. Neon, das G+J-Magazin für junge Leser, musste sich allerdings dem im Eigenverlag erscheinendem Dummy geschlagen geben – es wurde nur Zweiter in der Sparte „Newcomer des Jahres“.

Bunter zusammengesetzt war die Jury der Sparte „Anzeigen“. Hier saßen Fotografen neben Agenturleuten neben einem Repräsentanten der Bekleidungsmarke „Diesel“. In der Kategorie „Beste Artdirektion“ gewann übrigens eine Anzeigenserie von „Diesel“, die auch Platz 2 im Wettbewerb um den Preis „Kampagne des Jahres“ belegte. Insgesamt waren die LeadAwards 2005 eine bunte Veranstaltung, bei der dennoch kritische Mahnungen wie die von Peichl nicht zu kurz kamen. Seiner Forderung nach mehr Unabhängigkeit und Kreativität ist nichts hinzuzufügen.