Ein Mann mit Spaß an der Politik

Der Exfraktionsvorsitzende der Grünen, Rezzo Schlauch, macht mit Rückzugsgerüchten von sich reden

Rezzo Schlauch tritt ab. Sagt die Presse. Schlauch bleibt – behauptet er selbst. Parteifreunde von den Grünen haben der Stuttgarter Zeitung allerdings bestätigt, dass ihr Exfraktionsvorsitzender mit dem Gedanken spiele, im nächsten Jahr nicht wieder für den Bundestag zu kandidieren und seinen Schreibtisch als Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium zu räumen.

„Reine Spekulation“, lässt Schlauch daraufhin von seinem Büro auf taz-Anfrage ausrichten und gibt der Zeitungsnachricht den Anschein einer Falschmeldung. Bis zum Ende der Legislatur wären es noch anderthalb Jahre und außerdem mache ihm sein Job als Mittelstandsbeauftragter der Bundesregierung nach wie vor Spaß. „Ich behalte mir vor, zu gegebenem Zeitpunkt in Abstimmung mit meiner Landespartei und meinem Kreisverband über eine erneute Kandidatur für den Bundestag zu beraten und die Entscheidung dann selbst bekannt zu geben“, erklärt Schlauch nebulös. Dass der nebenberufliche Kochbuchautor und Freizeit-DJ tatsächlich noch Lust auf seinen Job hat, darf getrost bezweifelt werden.

Nach der Bundestagswahl 2002 wurde Schlauch mit dem Titel Staatsekretär von seinem Traumposten des Fraktionsvorsitzenden weg befördert. Nachdem er im Frühjahr 2002 mit dienstlich erflogenen Bonusmeilen in den Osterurlaub gejettet war, hatte der damalige Grünen-Fraktionsvorsitzende Schlauch mit einem Imageproblem zu kämpfen. Im Herbst 2002 wurde er daraufhin kurzerhand vom geheimen Vorsitzenden Joschka Fischer entmachtet. Schlauchs alter Spezl Fritz Kuhn sollte fortan den Fraktionsvorsitz übernehmen. Daran zerbröckelte nicht nur die schwäbische Männerfreundschaft, auch Schlauchs Karrierepläne lösten sich in Luft auf.

Als Staatsekretär in Wolfgang Clements Wirtschaftsministerium ist er seitdem nicht mehr ganz so energisch aufgetreten. Zuletzt hat Schlauch sich für das Taschengeld einer 14-Jährigen eingesetzt. Die Agentur für Arbeit wollte die 20 Euro, die das Mädchen sich beim Zeitungsaustragen verdient, seiner Mutter vom Arbeitslosengeld abziehen. Schlauch kümmerte sich und sorgte dafür, dass der Mutter nur 4 Euro abgezogen werden. Erfolg auf der ganzen Linie.

Vermutlich fühlt sich Rezzo Schlauch auf öffentlichkeitswirksamen Terrain deutlich wohler. Mit 39,3 Prozent der Wählerstimmen wäre er schon mal fast Stuttgarter Oberbürgermeister geworden. Das war 1996. Damals schickte die SPD einen zweiten Kandidaten in die Stichwahl, der nahm ihm die Stimmen weg, und gewonnen hat dann der Kandidat der CDU, Wolfgang Schuster – mit 4 Prozentpunkten Vorsprung. Erfolg und Niederlage vereint in der Person Rezzo Schlauch. „Der OB-Job wäre mir auf den Leib geschrieben gewesen“, sagte Schlauch einmal der taz, als er schon ein halbes Jahr lang Staatssekretär war. Im Wirtschaftsministerium gibt es einfach zu wenig Rampenlicht.

PHILIPP DUDEK