Firmen sollen Menschenrechte achten

Kirchen und Initiativen fordern mehr soziale Verantwortung von transnationalen Unternehmen – und deren Kontrolle

BERLIN taz ■ Transnationale Unternehmen sollen sich mehr als bisher zur Einhaltung der Menschenrechte verpflichten. „Wir brauchen eine größere Verbindlichkeit der Wirtschaft“, sagte Elisabeth Strohscheidt vom katholischen Entwicklungsdienst Misereor gestern auf einer Tagung der Friedrich-Ebert-Stiftung in Berlin. Dort wurden „Regelungsansätze zur menschenrechtlichen Verantwortung der Privatwirtschaft“ diskutiert.

Die Situation: Transnationale Konzerne verstoßen bei ihrer Produktion in Entwicklungs- und Schwellenländern teilweise gegen die Menschenrechte. Vor allem Zulieferfirmen halten ihre Arbeiter mitunter wie Sklaven, setzen sie giftigen Chemikalien aus, zahlen ihnen Hungerlöhne und verbieten die Gründung von Gewerkschaften. Durch zahlreiche internationale Abkommen ist derartiges Verhalten zwar verboten, doch lassen sich die Menschenrechte in der globalisierten Wirtschaft oftmals nicht durchsetzen.

Die nationalen Regierung der Entwicklungsländer sind zu schwach, oder die Unternehmen entziehen sich einer wirkungsvollen Kontrolle. „Wie kann die Durchsetzung der Menschenrechte verbessert werden?“, fragten sich daher die Teilnehmer der Tagung. Strohscheidt favorisiert dabei einen relativ neuen Weg. Sie verweist auf die aus Großbritannien stammende „Business Leaders Initiative on Human Rights“ (Wirtschaftsführer für Menschenrechte). „So etwas bräuchten wir auch in Deutschland“, sagt die Frau von Misereor. An der Gruppe nehmen unter anderem der Anlagenproduzent ABB, der Modehersteller Gap und der Musiksender MTV teil. Ein Ziel: überprüfen, wie internationale Normen in der unternehmerischen Praxis handhabbar sind.

Die „Business Leader“ beziehen sich unter anderem auf einen Entwurf der UN-Menschenrechtskomission, der nicht nur Firmen-Verhalten beschreibt, sondern auch staatliche Kontrolle und Schadensersatz bei Missachtung vorsieht. „Deshalb sind viele dagegen, auch der Bundesverband der Deutschen Industrie“, sagt Professor Norman Paech von der Hamburger Universität für Wirtschaft und Politik. Ein bisschen weiter sind schon die Menschenrechtsgruppen, die sich auf die „Leitlinien für multinationale Unternehmen“ der Organisation für wirtschaftliche Entwicklung, OECD, stützen. Immerhin gibt es beim Bundeswirtschaftsministerium (BMWA) in Berlin eine offizielle Kontaktstelle, bei der Firmen im Falle von Beschwerden Rede und Antwort stehen müssen. Das Problem: Oft steht Aussage gegen Aussage. Um die Vorwürfe von misshandelten Arbeitern und die Rechtfertigung des Unternehmens überprüfen zu können, müsste die BMWA-Kontaktstelle mehr Personal für unabhängige Recherchen bekommen, sagt Cornelia Heydenreich von Germanwatch. HANNES KOCH