Der umworbene Gummibär: Hans Riegel

Wird aus Haribo bald Harimai? Der Bonner Süßwarenhersteller wird vom Land Rheinland-Pfalz geködert. Die Standortentscheidung wird der allmächtige Firmenboss Hans Riegel treffen – und zwar wie immer ganz allein

„Unlautere Wettbewerbspolitik!“, erregt sich Frithjof Kühn. Denn eine Region Bonn ohne Haribo, die kann sich der Landrat des Rhein-Sieg-Kreises nicht vorstellen. Grund für den Wutausbruch: Das Land Rheinland-Pfalz versucht durch billige Grundstücksangebote, den Bonner Lakritz- und Gummibärchenproduzenten abzuwerben. Ob das unter Platzmangel leidende Unternehmen in die rheinland-pfälzische Gemeinde Grafschaft abwandert oder im Rhein-Sieg-Kreis expandiert, wird ein Kapitalist der alten Schule entscheiden: Hans Riegel II, eigenwilliger Herrscher des Haribo-Konzerns.

Hans Riegel kontrolliert den von seinem gleichnamigen Vater übernommenen Konzern Haribo (für „Hans Riegel Bonn“) auch mit 81 Jahren noch uneingeschränkt. Dem öffentlichkeitsscheuen Chef werden von denjenigen, die ihn kennenlernen durften, eigenwillige Methoden nachgesagt. Die Post seiner Manager soll er persönlich kontrollieren, ein Koch soll abgemahnt worden sein, weil er die Zwiebeln zu dick geschnitten hatte, und ungeliebte Belegschaftsversammlungen sollen in die Tiefgarage verlegt worden sein.

Riegel, in jüngeren Jahren deutscher Badmintonmeister, ist noch heute begeisterter Hubschrauberpilot und Sauen-Jäger. Unternehmensentscheidungen, so schrieb der Spiegel, fällt der Patriarch im Saunaclub, und bei Karnevalsfeiern zieht er auch im Rentenalter das Unterhemd aus. Controlling, plurale Entscheidungsstrukturen? Nichts für Riegel. Doch der Laden läuft, auch wenn die genaue Zahlen wohl fast ausschließlich Hans Riegel und sein Bruder und Kompagnon Paul kennen.

Ebenso nebulös bleibt, ob sich Rheinland-Pfalz tatsächlich auf den beißenden Gummibärchen-Gestank freuen darf – wenn nicht in Grafschaft, dann vielleicht in Mainz am Arbeitsplatz der wandelnden Lakritzschnecke Thomas Gottschalk: Aus Haribo würde dann Harimai.

Die Stadt Bonn baut auf Riegels Lokalpatriotismus: Von einer „eisernen Verbundenheit der Firma Haribo und der Familie Riegel zur Stadt“ hat der Firmenchef im heimischen General-Anzeiger einmal gesprochen. Doch wem Hans Riegels uneingeschränkte Solidarität gilt, zeigt die Zufahrt zu seinem privaten Domizils: Dort prangt ein gelbes Ortsschild mit der Aufschrift „Riegel“. KLAUS JANSEN