Eine Welt ohne Schatten

Die japanischen Künstler Yoshitomo Nara und Hiroshi Sugito haben ein spielerisches Projekt realisiert, dessen keineswegs nur harmlose Ergebnisse jetzt im K 21 in Düsseldorf zu sehen sind.

VON KÄTHE BRANDT

Die meisten Gemälde und Zeichnungen der beiden japanischen Künstler Yoshitomo Nara (Jg. 1959) und Hiroshi Sugito (Jg. 1970) beziehen sich – formal wie inhaltlich – auf den Filmklassiker „The Wizard of Oz“, eine MGM-Produktion von 1939, in der Judy Garland die Hauptrolle spielt. Ihr Song „Over the Rainbow“ war nicht nur titelgebend für die Ausstellung, sondern untergründiges Thema der schon lange geplanten Kooperation.

Das Musical-Märchen „Der Zauberer von Oz“ erzählt die Geschichte von dem Mädchen Dorothy, die von einem Windstoß mitsamt ihrem kleinen Haus in das wunderreiche Land Oz geweht wird. Eine der Schlüsselszenen des Films ist der Wechsel von der schwarz-weiß gezeigten Alltagswelt Dorothys in die satt-künstliche Technicolor-Buntheit des Zauberland. Dieser Kurzschluss der neuen filmtechnischen Möglichkeiten des Jahres 1939 und der Farbe als Sinnbild einer phantastischen Traumwelt mit letztlich tröstlichem Ausblick in die Zukunft, ist am Vorabend des Zweiten Weltkriegs auch eine politische Manifestation von Hoffnung und Zuversicht. Diese etwas fragwürdige Befrachtung freilich ist in den Bildern von 2004 nicht mehr spürbar. Doch der bunt schillernde Film und die kindliche Motivwelt Yoshitomo Naras scheinen nahezu bruchlos ineinander zu fließen. Diese „andere Welt“, die in seinen Bildern immer schon motivisch aufscheint, wird in den Gemälden der Ausstellung getragen von der buchstäblich unergründlichen Malerei Hiroshi Sugitos.

Nara, der am Anfang der 1990er Jahre – nach seinem Studium in Japan – an der Düsseldorfer Kunstakademie bei Michael Buthe und A.R. Penck studiert hat, verbindet in seinen Arbeiten die flache Zeichnung und bunte Abstraktion von Comics, Kinderbuch-Illustrationen und Spielzeugpuppen mit einer oftmals erschreckenden Abgründigkeit. Die einsamen Gestalten, die seine Gemälde bevölkern, sind seltsame Zwitterwesen: kleine glupschäugige Teufel in niedlich-blödem Kindchenschema. Ihre Vereinzelung in einer bodenlosen (Bild-)Welt setzt sie als verletzliche Wesen in Szene. Gleichwohl scheinen sie aufzubegehren und darum bemüht, ihren Befindlichkeiten Ausdruck zu verleihen. Die kleinen Ungeheuer und bad girls vermögen so dem Betrachter einige Sympathie zu entlocken – ambivalent und sentimental.

Sugito greift bei den verwunschenen Landschaftsräumen seiner Malerei auf die traditionelle japanische Technik des Farbe anrühren „Nihonga“ zurück, wobei die Farbe möglichst trocken vermalt wird. Man meint beinah, in den pudrigen Bildern noch die Pigmente blitzen zu sehen. Vor allem die Augen der kleinen Gestalten in den gemeinsamen Werken der Düsseldorfer Ausstellung sind von bestechender Farbigkeit und Intensität.

Die scheinbare Widersprüchlichkeit zwischen den kürzelhaft formulierten, zeichnerisch figurierten Gestalten Naras und der „wertvoll“ und aufwendig gearbeiteten Malerei Sugitos entfaltet eine eigentümliche Wirkung. Die Erinnerungen an die Motive der eigenen Kindheit, gepaart mit einer betörenden Malerei machen die Fremdartigkeit und Poesie dieser Bilder aus.

Bis 29.5.2005Infos: 0211-8381642