Kampf gegen unsichtbaren Killer

Der Ausbau der A40 in Bochum ist weiter umstritten. Das Landesumweltamt bestätigt erhöhte Belastung durch Feinstäube. BUND will landesweit gegen Straßenverkehr vorgehen

VON HOLGER PAULER

Der Feinstaub PM 10 beschäftigt die Anwohner der A40 an der Anschluss-Stelle Bochum Stahlhausen. Auf einer Veranstaltung in einer angrenzenden Bochumer Grundschule referierte Knut Rauchfuss, Mediziner vom Landesumweltamt NRW, über die Gefahren des unsichtbaren Killers. Sein Fazit: „Seit Jahren bestehen durch Feinstaub hervorgerufene gesundheitliche Beeinträchtigungen, die auch durch Einhaltung der geltenden Grenzwerte nicht beseitigt werden können“. Eine Verbesserung der Situation sei mittelfristig nicht absehbar.

Der Ort war dabei nicht zufällig gewählt. In der Grundschule befindet sich eine diskontinuierliche Mess-Station zur Feinstaubbelastung. Die Station soll beweisen, dass der geplante Ausbau der A40 von vier auf sechs Spuren an dieser Stelle zu einem nicht kalkulierbaren Risiko werden könne. Allein im letzten Jahr wurden die auf neuesten Stand aktualisierten Grenzwerte der EU 42 mal überschritten. Die Obergrenze liegt bei 35. „Das tückische an PM 10 ist, dass diese kleinsten Teile direkt in die Lunge und von dort in den Blutkreislauf übertragen werden“, sagt Werner Reh, Verkehrsexperte des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschlands (BUND) in NRW. Pro Jahr seien bundesweit etwa 65.000 Todesfälle durch den Feinstaub zu beklagen. Das NRW-Umweltministerium hält daher umweltmedizinische Reihenuntersuchungen an Kindern für erforderlich. Noch in diesem Sommer soll damit begonnen werden.

Die Anwohner wollen sich weiter gegen den Ausbau der A40 wehren. „Schon nach aktuellen Zahlen ist die Grenze überschritten“, sagt Wolfgang Czapracki-Mohnhaupt von der Bürgerinitiative Stopp Dübodo. Die Zahlen für 2003 und 2004 werden vom Landesumweltamt überprüft und demnächst auf die aktuellen EU-Grenzwerte angepasst. Die Bezirksregierung Arnsberg will dennoch am geplanten Ausbau festhalten, da für das laufende Jahr nicht genug Zahlen vorliegen. „Wir sind der Meinung, dass die Messwerte auf das Planfeststellungsverfahren Auswirkung haben muss“, sagt Czapracki-Mohnhaupt, „nach dem Ausbau nimmt die Belastung eher noch zu.“ Immerhin können die Anwohner noch bis Donnerstag im Bochumer Rathaus Einwendungen gegen den Beschluss erheben.

Die Planungen sind allerdings schon abgeschlossen. Nach Willen der örtlichen Politiker soll noch in diesem Jahr mit dem Bau begonnen werden. Das NRW-Verkehrsministerium hat den Planfeststellungsbeschluss allerdings noch nicht an den zuständigen Landesbetrieb Straßenbau weitergeleitet. Erst dann könnten, nach Ablauf einer vier-wöchigen Klagefrist, die Baumaßnahmen beginnen.

Doch nicht nur in Bochum belastet der Feinstaub die Lungen der Bürger. Das Landesumweltamt hat landesweit 65 Mess-Stellen errichtet. Hauptsächlich in den Ballungsgebieten. Über die Hälfte der Stellen meldeten zum Beispiel am Morgen des vergangenen Freitags eine übermäßig starke Belastung. Die Grafik war orange eingefärbt. Auf einer sechstelligen Skala der zweitschlechteste Wert.

„Die Probleme bestehen schon länger“, sagt Werner Reh. Der BUND will daher Druck auf die Politik ausüben. Exemplarisch wird hierfür die Corneliusstraße in Düsseldorf herangezogen. Im vergangenen Jahr wurde der Höchstwert von 50 Mikrogramm 108 mal überschritten. Trotzdem sah das Landesumweltamt keine Veranlassung, eine ständige Mess-Stelle dort einzurichten. „Eigentlich ein Grund für eine Klage“, sagt Werner Reh. Seit dem 18. Februar, dem Beginn der diesjährigen Messungen, wurde der Wert bereits 20 mal übertroffen. Am kommenden Mittwoch will der BUND daher in einer Straßenaktion auf die Missstände aufmerksam machen. „Bis dahin werden wir die Grenze 35 knapp erreichen“, sagt Werner Reh.

Zur These von NRW-Umweltministerin Bärbel Höhn (Grüne), dass durch den mehrspurigen Ausbau von Autobahnen, wie in Bochum geplant, der belastende „Stopp and Go“-Verkehr zurückgehen werde meint Reh: „Es ist bewiesen, dass Straßen den Verkehr anziehen.“ Je besser sie ausgebaut seien, desto höher auch die verkehrliche Belastung. „Auf Dauer hilft es nur den Straßenverkehr zu reduzieren“, so Reh. Eine Forderung, die die Anwohner der A40 in Bochum gerne unterschreiben.