Hartz IV – nur eine Frage der Vermittlung

Die Kölner SPD diskutiert mit Betroffenen über die Folgen von Hartz IV. Dabei sind Orts- und Bundespolitiker bemüht, den Kritikern die Segnungen der Reform zu erklären. Diese quittieren das mit „Verarschung“- und „Lügner“-Rufen

KÖLN taz ■ Die SPD muss ihr Image aufbessern. „Fraktionen vor Ort“ heißt die Veranstaltungsreihe, in der Bundestagsabgeordnete den BürgerInnen erklären, was im fernen Berlin passiert. Am Freitag Abend ging es um „Hartz IV – die Umsetzung in den Kommunen“. Gut 200 Menschen lockte das Thema ins hiesige Arbeitsamt, darunter viele Kritiker des Gesetzes. Klaus Bandner, wirtschafts- und arbeitsmarktpolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, sollte Hintergründe und Auswirkungen des Gesetzes erklären. Auf eine Diskussion mit Betroffenen, für die am Ende ganze 30 Minuten übrig blieben, war man offensichtlich nicht eingestellt.

Bandner beschrieb Hartz IV als Antwort auf die Globalisierung. Ziel sei eine bessere Förderung, Aktivierung und Vermittlung von Arbeitslosen. Immer wieder wurde er von lauten Protestrufen unterbrochen. „Verarschung“ hieß es, als er die „Eingliederungsvereinbarungen“ zwischen Arbeitsagentur und Arbeitslosen lobte, „Lügner“, als er von der Förderung der Arbeitslosen sprach.

Auch Martin Börschel, Chef der SPD-Ratsfraktion, und Jochen Ott, Kölner SPD-Vorsitzender, verteidigten Hartz IV. Börschel kritisierte allerdings, dass der Bundeswirtschaftsminister den Kommunen den Bundeszuschuss für die Mietkosten von ALG-II-Empfängern kürzen will. „Für Köln bedeutet das ein Minus von 70 Millionen Euro“, so Börschel. Dass die Stadt 130 Stellen bei der Arbeitsgemeinschaft aus Sozialamt und Arbeitsagentur (ARGE) noch nicht besetzt hat, stieß ihm ebenfalls auf.

Peter Welters, Chef der Kölner Arbeitsagentur, erhofft sich von Hartz IV bessere und schnellere Vermittlung und das Auffinden freier Stellen. Allerdings werde Hartz IV nur eine „begrenzte Wirkung“ auf den Arbeitsmarkt haben, die Arbeitslosigkeit in Köln könne dadurch maximal um 15 Prozent gesenkt werden.

Neben Kritik an der Steuerpolitik und dem „Verarmungsprogramm“ der rot-grünen Bundesregierung gab es in der Schlussdiskussion mit Publikum auch konkrete Kritik an der Umsetzung von Hartz IV in Köln. So bemängelte ein Sozialarbeiter Unklarheiten zwischen Arbeitsagentur und Sozialamt über Zuständigkeiten, unklare und falsche Bewilligungsbescheide zum ALG II und fehlendes Fachwissen in den Ämtern. Andere sorgten sich um feste Arbeitsverhältnisse, die durch 1-Euro-Jobs gefährdet würden.

Zum Schluss gab es dann wenigstens noch ein paar Versprechen mit auf den Nachhauseweg. Börschel will sich bei der Stadt für bessere Informationen einsetzen und bundesweit dafür, dass künftig auch Selbstständige, etwa Rechtsanwälte wie er, Gewerbesteuer zahlen und so die Gemeindefinanzen aufbessern. Ott versprach, die Vergabe von 1-Euro-Jobs genau zu beobachten, damit sie keine festen Arbeitsplätze ersetzen. Und Welters erklärte die Beschwerden des Sozialarbeiters zur Chefsache. Nach der Veranstaltung tauschten beide ihre Adressen aus. JÜRGEN SCHÖN