Schludriger Umgang mit Atomkraftwerk

KRÜMMEL Strafanzeigen gegen Vattenfall. Kieler Atomaufsicht würde Reaktor gerne für immer stilllegen

Eine Strafanzeige gegen die Betreiber des Atomkraftwerks Krümmel haben der grüne Hamburger Bundestagsabgeordnete Manuel Sarrazin und Konstantin von Notz, Spitzenkandidat der schleswig-holsteinischen Grünen bei der Bundestagswahl, bei der Staatsanwaltschaft Lübeck eingereicht. Es bestehe der Verdacht des „grob fahrlässigen oder ordnungswidrigen Umgangs mit kerntechnischen Anlagen“, sagt von Notz über den Vorstoß. Er wolle „eine lückenlose Aufklärung“ erreichen, so der Rechtsanwalt aus dem etwa 30 Kilometer von Krümmel entfernten Mölln.

Die zuständige Kieler Sozialministerin Gitta Trauernicht (SPD) bestätigte am Dienstag, dass in Krümmel mehrere Auflagen der Atomaufsicht nicht befolgt wurden: „Unser Vertrauen ist erschüttert.“ Zugleich plauderte Trauernicht aus, dass Vattenfall-Vorstandschef Tuomo Hatakka am Sonnabend durch die Landesregierung von dem Störfall erfuhr – und nicht aus dem eigenen Hause.

Ministerpräsident Peter Harry Carstensen (CDU) selbst hatte Hatakka telefonisch über die Panne informiert, nachdem er vom Sozialministerium auf die Schnellabschaltung des Reaktors nach einem Kurzschluss in einem der beiden Transformatoren hingewiesen worden war. „Ich bin stinksauer“, schäumte Carstensen noch gestern nach einem Krisentreffen mit Hatakka in Kiel.

Trauernicht bekannte, der politische Druck auf Vattenfall sei „gewaltig“. Die Konsequenz, die beiden Trafos nicht zu reparieren, sondern neue zu bestellen, entspreche ihrer Forderung. Dadurch wird das AKW vermutlich nicht vor Sommer 2010 wieder ans Netz gehen können.

Die Ministerin kündigte eine Zuverlässigkeitsprüfung des Unternehmens an. Sie würde „nicht zögern, Krümmel stillzulegen“, wenn sie eine rechtliche Handhabe hätte. Nun erwarte sie eine „grundsätzliche politische Debatte über eine Stilllegung“ des Meilers. SVEN-MICHAEL VEIT

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