„Fahrverbote helfen uns nicht weiter“

Die Förderung der Dieselfilter ist noch „ein hartes Stück Arbeit“, sagt der SPD-Verkehrsexperte Uwe Beckmeyer. Die Regierung habe damit genug zu tun. Für eine City-Maut zur Minderung giftiger Rußpartikel in der Luft müssten die Städte selbst kämpfen

INTERVIEW NICK REIMER

taz: Herr Beckmeyer, das Umweltbundesamt hat schärfere Abgasnormen für Lkws gefordert. Ist das gut?

Uwe Beckmeyer: Nein, denn das sorgt in einer ohnehin komplizierten Debatte für noch mehr Verwirrung. Aktuell diskutieren wir auf europäischer Ebene eine Verschärfung der Euro 5 Abgasnorm ab 2010. Pkws und leichte Nutzfahrzeuge bis 3,5 Tonnen zugelassenem Gesamtgewicht sollen danach nur noch ein Fünftel jener Menge an Dieselruß emittieren dürfen, die heute Grenzwert ist. Das ist besonders mit Blick auf die leichten Nutzfahrzeuge ein entscheidender Schritt, weil diese in den Städten die wichtigste Quelle von Dieselruß sind.

Was ist daran so falsch, wenn eine Fachbehörde weiterdenkt?

Wir haben eine Kuh auf dem Eis, die erst mal runtermuss: die Förderung des Partikelfilters. Unser Gesetzentwurf zur Nachrüstung muss noch durch die Gremien – auch den Bundesrat. Die aktuellen Reaktionen aus den Ländern zeigen, dass dies ein hartes Stück Arbeit wird. Die Unions-geführten Länder wollen über Änderungen der Kfz-Steuer nur reden, wenn der Austausch der Finanzströme geklärt ist: Die Kfz-Steuer soll zum Bund, die Versicherungsteuer dafür an die Länder gehen. Nur: Diese Reform ist durch die Länder blockiert.

Verständlich, denn die Länder sollen über die Kfz-Steuer die Förderung finanzieren.

Im vergangenen Sommer haben die Länder die Bundesregierung aufgefordert, Steueranreize für „geeignete Minderungstechnologien“ zu schaffen. Drei Monate später reagieren sie erschrocken, weil die Regierung ihrer Bitte nachgekommen ist. Die Förderung soll durch den Fiskus aufkommensneutral erfolgen. So steht es im Koalitionsvertrag, und dabei wird es auch bleiben. Immerhin können die Länder durch den rasant wachsenden Anteil von Dieselfahrzeugen beachtliche Mehreinnahmen verzeichnen: Bis 2015 sind das rund elf Milliarden Euro. Es ist daher nur konsequent, die Förderung der Partikelfilter aus diesen Vorteilen zu finanzieren.

Die EU erlaubt die Überschreitung von Dieselruß-Grenzwerten nur an 35 Tagen im Jahr. In München war das schon 28-mal der Fall. Die Deutsche Umwelthilfe will Fahrverbote einklagen. Sind Sie dafür?

Nein, Fahrverbote bringen uns keinen Schritt weiter. Sie wären ein verheerendes Zeichen für den Standort Deutschland. In einer vernetzten, globalisierten Welt muss es mehr Mobilität geben und nicht weniger. Das wirksamste Mittel zur langfristigen Schadstoffreduzierung ist daher eine saubere Technik. Der Partikelfilter bringt uns auf die sichere Seite. Darauf setzt die Bundesregierung mit der steuerlichen Förderung schadstoffarmer Fahrzeuge.

Was empfehlen Sie München?

Es existieren bereits zahlreiche Möglichkeiten, die Großstädte vom Verkehr zu entlasten. So gibt es beispielsweise Lkw-Führungskonzepte, die auf eine Verkehrslenkung des Güterverkehrs über bestimmte Strecken setzen, um so Verkehr aus Wohngebieten herauszuhalten. Inwieweit von Möglichkeiten wie Parkraumverknappung und Verteuerung, Park-and-Ride-Angeboten oder der Verbesserung des ÖPNV Gebrauch gemacht wird, ist Sache der jeweiligen Kommune.

Und was halten Sie von einer City-Maut?

Die ist grundsätzlich sinnvoll. Immerhin hat sie in Europa, in London etwa, bereits gewirkt. Wenn die deutschen Städte sie als notwendig erachten, können sie sich ihr nähern. Die Bundesregierung wird allerdings keine Regelungswut auslösen.

Ist nicht Kanzler Schröder schuld an den Problemen der Städte? Er erlaubte, bis 2008 filterfreie Autos zu bauen?

Schröder hat der Industrie vielmehr die Zusage abgerungen, ab 2008 jeden Diesel-Pkw mit Rußfilter auf den Markt zu bringen. Aber auch die Autobauer wissen: Fehlen schärfere Abgasnormen, werden die Grenzwerte kaum ohne Verkehrsbeschränkung einzuhalten sein. Feinstaubbelastungen zu senken liegt im Interesse der Branche.