Behrens vs. „Zahnloser Tiger“

Bei der Vorstellung des Verfassungsschutzberichts 2004 freute sich Innenminister Behrens über die Schwäche der Rechtsextremen. NPD sei wenige Wochen vor der NRW-Wahl „schlecht aufgestellt“

AUS DÜSSELDORFMARTIN TEIGELER

Nordrhein-Westfalens Innenminister Fritz Behrens (SPD) redet die NPD schwach. Zwei Monate vor der NRW-Landtagswahl am 22. Mai seien die Rechtsextremen im größten Bundesland „personell und organisatorisch schlecht aufgestellt“, sagte Behrens gestern bei der Vorstellung des NRW-Verfassungsschutzberichts für 2004 in Düsseldorf. „Wir gehen davon aus, dass die NPD in Nordrhein-Westfalen die Ein-Prozent-Hürde allenfalls knapp überschreiten wird“, sagte Behrens.

Die von der NPD angestrebte „Volksfront von Rechts“ sei ein „zahnloser Tiger“, freute sich Behrens über den Zustand der Rechtsextremen. Der 550 Mitglieder schwache NRW-Landesverband werde es trotz der neuen Zusammenarbeit mit der Deutschen Volksunion (DVU) und neonazistischen Kameradschaften schwer fallen, sich als Wahlalternative darzustellen. Jede Stimme für die NPD, sei eine zuviel. Verfassungsschutz-Chef Hartwig Möller berichtete, dass die NPD bislang nur in 45 der 128 NRW-Landtagswahlkreise Direktkandidaten benannt habe. Nach derzeitigem Stand steht die NPD also in mehr als der Hälfte des Landes gar nicht zur Wahl. Es gibt nämlich in NRW kein Zwei-, sondern ein Ein-Stimmen-Wahlrecht, bei dem keine Landeslisten, sondern nur Direktkandidaten angekreuzt werden können.

„Um mehr als ein Prozent zu erreichen, müsste die NPD schon in ungefähr 80 Wahlkreisen antreten“, sagte Verfassungsschützer Möller. Zudem sei noch unklar, ob die Partei in den avisierten 45 Wahlkreisen die nötigen 100 Unterstützerunterschriften beibringen kann. Der Urnengang in NRW ist nach Einschätzung von Möller für die NPD „eine sehr prestigeträchtige Wahl“. Ein Misserfolg am 22. Mai könnte Auswirkungen auf die bis 2009 reichenden Wahlabsprachen mit der DVU haben.

Zusätzlich zum NPD-Zustandsbericht legte Innenminister Behrens neue Zahlen zur Neonazi-Gewalt vor. Die Zahl der „rechtsextremistisch motivierten Straftaten“ ist demnach um fast ein Viertel auf 2.180 Delikte gestiegen. Der Schwerpunkt lag mit fast 1.500 Fällen bei den so genannten „Propagandadelikten“ wie Hakenkreuz-Schmierereien. Die Zahl der rechtsextremistischen Gewaltdelikte erhöhte sich um 17 auf 132, darunter waren 114 Körperverletzungen. Behrens forderte die NRW-Bevölkerung zum entschlossenen Kampf gegen Rechts und zur Zivilcourage auf.

„Vom rechten Rand unserer Gesellschaft droht weiter Gefahr“, kommentierte die grüne Innen-Expertin und Landtagsabgeordnete Monika Düker den Bericht. Auch wenn der NPD keine großen Chancen bei der NRW-Wahl eingeräumt werden, gebe es „keinerlei Anzeichen für eine Entwarnung bezüglich der Gefahr von rechts“, so Düker. Eine Zunahme der rechten Straftaten um 23 Prozent sei alarmierend.

Schon traditionell taucht auch die PDS wieder im Verfassungsschutzbericht auf. Die Beobachtung betreffe jedoch nicht die gesamte Partei, sondern nur radikale Strömungen innerhalb der PDS, so Behrens auf Nachfrage. Verfassungsschutz-Chef Möller stellte in Aussicht, dass die PDS-Beobachtung künftig überprüft werde. „In einigen Bundesländern wird sie ja nicht beobachtet, in zwei Ländern regiert die PDS ja auch“, so Verfassungsschützer Möller. Die Sozialisten sind an den SPD-geführten Landesregierungen von Berlin und Mecklenburg-Vorpommern beteiligt.