Gezänk um Zeugenschutz

Im Wüppesahl-Prozess wird der Kronzeuge schon vor seiner Aussage von der Verteidigung demontiert. Mit seiner Aussage steht und fällt die Anklage

Der mit Spannung erwartete Kronzeuge im Prozess um den vom „Kritischen Polizisten“ Thomas Wüppesahl angeblich geplanten Raubmord, Andreas Sch., kam gestern nicht zum Zuge. Schon vor seiner Aussage vor dem Schwurgericht versuchten die Anwälte Wüppesahls, Uwe Maeffert und Peter Wulf, die Glaubwürdigkeit des Ex-Polizisten zu erschüttern. Grund des Gezänks im Gerichtssaal, das in einen Befangenheitsantrag gegen den Vorsitzenden der Kammer mündete: Dieser hatte Sch. eine Anwältin als bezahlten Zeugenbeistand beigeordnet.

Die Verteidiger monierten, dass es bei einem „unbefangenen zentralen Zeugen“ dafür keine Grundlage gebe: „Der Ausgang dieses komplexen Verfahrens wird möglicherweise davon abhängen, ob dem Zeugen geglaubt werden kann“, führte Maeffert aus. „Er wird hier gerichtlicherseits aufgewertet. Es gibt aber auch falsche Anschuldigungen, und die verdienen keine Stütze und keine Stärkung.“ Er erinnerte daran, dass dasselbe Gericht parallel versucht habe, Wüppesahl den zweiten Pflichtverteidiger zu nehmen.

Der Staatsanwalt rechtfertigte indes die Schutzmaßnahme, da die Anklage mit der Aussage Sch.s steht oder fällt. „Ich mache keinen Hehl daraus, dass die Staatsanwaltschaft sich für die Stärkung des Zeugen einsetzt.“ Zwar gebe es noch zahlreiche Abhörprotokolle von Gesprächen zwischen Wüppesahl und dem Kronzeugen. Ob die aber vor Gericht verwertet werden dürfen, ist rechtlich strittig.

Zuvor hatte der Polizist Holger J. die Entstehung des Kriminalfalles Wüppesahl geschildert. J. kannte sowohl ihn als auch Sch. von der „Arbeitsgemeinschaft Kritischer Polizisten“, die drei waren befreundet. J. hatte aber zu beiden seit Jahren – zu Wüppesahl aufgrund politischer und persönlicher Differenzen – keinen Kontakt mehr. Sch. hatte J. am 1. Oktober 2004 in dessen Kommissariat über die vermeintlichen Pläne Wüppesahls informiert. „Er stand unter starker psychischer Belastung, befand sich in schlechter körperlicher Verfassung und hatte eine Alkoholfahne“, erinnerte sich J. Andreas Sch. habe vom geplanten Geldtransporter-Überfall und der Tötung des Security-Mannes erzählt. „Ich habe das Ganze zunächst sehr in Frage gestellt, es klang wie ein drittklassiger Film.“

Bei den Schilderungen sei ihm auch die „Idee“ gekommen, Wüppesahl könne einen „Polizeiskandal provozieren wollen“ oder sei zum „Psychopathen“ geworden. Er habe aber im Gegenzug die „tiefe Überzeugung“ gewonnen, „dass für Sch. die Geschichte authentisch und plausibel war“ – und sodann das Landeskriminalamt informiert. Der Prozess wird fortgesetzt.Kai von Appen