Absturz verhindert

Die Anteilseigner des Stadionfonds Molsiris stimmen dem Sanierungskonzept von Borussia Dortmund zu

„Entscheidend is auf’m Flugplatz“ (Statement auf der Borussia-Homepage)

BERLIN/DÜSSELDORF taz ■ Es handelt sich bei der ganzen unschönen Angelegenheit ja immer noch um einen Fußballverein, und vielleicht bedienten sich die Herren in Nadelstreifen zuletzt auch deshalb der dort beheimateten Terminologie. Das „wichtigste Auswärtsspiel in der Geschichte der Borussia“ hatte Hans-Joachim Watzke, der immer noch recht neue Geschäftsführer der Borussia Dortmund GmbH & Co. KgaA, jedenfalls schon seit Tagen nicht wenig aufgeregt ausgerufen – und wenn dem tatsächlich so war, so konnte man dem 1909 gegründeten Ballspiel-Verein Borussia gestern Nachmittag um kurz vor halb vier einen ebenso wichtigen wie ziemlich hohen Sieg auf fremdem Geläuf attestieren. Die für für den hoch verschuldeten Bundesligaklub wahrscheinlich alles entscheidende Partie fand im Terminal E des Düsseldorfer Flughafens statt – und als sie nach mehreren 90 Minuten abgepfiffen wurde, hatte der BVB deutlich gewonnen, sagen wir mal mindestens mit 4:0. Was wiederum übersetzt in die Nadelstreifen-Welt heißt: Bei der außerordentlichen Versammlung des Stadionfonds Molsiris, dem Haupteigentümer des Dortmunder Westfalenstadions, stimmten 94,42 Prozent des vertretenen Kapitals dem vorgelegten Sanierungskonzept des Fußball-Bundesligisten zu. In die Tabelle wiederum könnte man kurz und bündig eintragen: Der krisengebeutelte Traditionsverein bleibt zumindest vorerst am Leben.

De facto ging es bei der gestrigen Sitzung um den Teilrückkauf des Westfalenstadions durch den Verein. Der hatte seinen Fußballtempel vor zwei Jahren für knapp 90 Millionen Euro an den „CFB-Fonds 144 Westfalenstadion“ verscherbelt, seitdem musste der Krisenklub rund 1,3 Millionen Euro monatlich Miete an den Fonds berappen, einen Batzen, der dem ohnehin schon von Milionenschulden überhäuften Verein noch mehr die Luft abschnürte. Für die Umsetzung des erst kürzlich erstellten Sanierungsplanes war der teilweise Rückkauf des Stadions jedenfalls eine Grundvoraussetzung. „Wenn die Molsiris-Gesellschafter nicht zustimmen, kann es sein, dass auch andere Gläubiger von ihren Zusagen abrücken“, hatte Klubpräsident Reinhard Rauball vor der Sitzung geunkt, was, so jedenfalls hatten es die Vereinsoberen unisono dargestellt, dem ebenso endgültigen wie sofortigen Ende gleichgekommen wäre. Mit dem gestrigen Votum ist diese Gefahr wohl gebannt, mit der Sanierung der Ruine BVB kann endlich begonnen werden.

Im Prinzip erhält Borussia Dortmund durch die gestrige Entscheidung Zugriff auf knapp 52 Millionen Euro. Diese waren beim Stadionverkauf vor zwei Jahren als „gesperrtes Bardepot“ zur Absicherung der Anleger zurückgehalten worden. Nun, so sieht es der vom Düsseldorfer Unternehmensberater Jochen Rölfs erstellte Sanierungsplan vor, sollen mit 42,86 Millionen 42,8 Prozent des Stadions zurückgekauft werden, was die monatliche Miete um rund 1 Million Euro reduziert. Die Zahlung der übrigen 300.000 Euro pro Monat soll bis 2007 gestundet werden. Mit den verbleibenden rund 9 Millionen aus dem Bardepot sowie weiteren bereits zugesagten 6 Millionen Euro Sofortkredit anderer Gläubiger könnte die Borussia nicht nur die laufende Saison überstehen, sondern auch die Zahlungsfähigkeit für die kommende Runde nachweisen. Diese Zahlen werden jedenfalls Gegenstand der Unterlagen für das Lizenzierungsverfahren sein, die der BVB bis heute bei der Deutschen Fußball-Liga (DFL) einreichen muss. „Das Konzept ist so ausgelegt, dass die Liquidität für die kommende Saison gesichert ist“, sagte Reinhard Rauball gestern, was heißen soll: Die Lizenz auch.

Dass der BVB damit übern Berg ist, kann freilich noch lange nicht behauptet werden; bestenfalls ist er am ersten Basislager angekommen. Zumindest bei den sportlichen Angestellten sorgt das jetzt schon für Erleichterung. „Wir sind zufrieden, dass es so gekommen ist“, kommentierte der Dortmunder Cheftrainer Bert van Marwijk gestern. Sportmanager Michael Zorc wiederum stellte fest: „Die Anspannung war sehr groß, deshalb sind wir jetzt sehr erleichtert. Nun können wir uns wieder auf unser Kerngeschäft Fußball konzentrieren.“ Das ist, zumindest vorübergehend, wohl auch ganz gut so. Schließlich handelt es sich bei der ganzen Sache ja nach wie vor um einen Fußballverein.

FRANK KETTERER