Drei, zwei, eins … Musik!

Das Internet-Auktionshaus Ebay mausert sich immer mehr zum Umschlagplatz für kulturelle Dienstleistungen

Auch die Kulturschaffenden haben längst die Möglichkeiten des Internet-Auktionismus erkannt. Gewiefte Filmproduzenten lassen neuerdings Rollen versteigern. Statt auf der Besetzungscouch können sich Möchtegern-Schauspieler(innen) nun per Mausklick bewerben. Auf diese Weise werden nicht die professionellsten, sondern die zahlungskräftigsten Darsteller ausgesucht. „Drei, zwei, eins, meins“, sagt sich da der Produzent, weil er besonders begehrte Rollen meistbietend versteigern kann.

Nun hat endlich auch die klamme Musikbranche das Auktionsverfahren für sich entdeckt. Die Trachtenkapelle mit 68 Blasmusikern lässt sich genauso bequem via Ebay buchen wie jener Berliner Fanfarenzug, der sich im letzten Jahr selbst versteigerte, um auf diese Art dem finanziellen Aus zu entkommen. Das Amateur-Show-Orchester – eines der besten der Republik – sieht sich in seiner Existenz bedroht, weil immer mehr gespart wird, sowohl von Veranstaltern als auch von Sponsoren. Auch im Rockgeschäft kennt man solche Probleme. Und so war es nur eine Frage der Zeit, bis auch hier findige Musikanten das Anbietermodell probieren würde. Bei Anton & The Watergirls hat es jedenfalls bestens geklappt.

Im vergangenen Herbst ließ sich das Trio – zwei Mädels und ein Hamburger Jung’ – pünktlich zur Veröffentlichung ihres Albums „StarKing“ ersteigern. Die Marketing-Idee sollte sich lohnen: Am Ende ging die Band für 1.212 Euro an den Meistbietenden, aber fast alle anderen Interessenten wollten sie trotzdem buchen. Also ging die Band noch einen Schritt weiter und versteigerte im Januar gleich eine ganze Tournee: Die „Anton & The Watergirls – Ebay-Tour 2005“. Fünf Konzerte, breit verstreut in der Republik, stehen Ende März an.

Die Frage ist nicht nur für die Band, wo dergleichen konkret hinführen soll. Möglicherweise dürfte sich nun die ganze Branche fragen, ob Versteigerungen im Internet nicht die finanzielle Rettung des kleinen, familiären Rockzirkus sein könnten.

Sicher werden Gruppen vom Format der Rolling Stones kaum über Ebay zu buchen sein (es sei denn, das Auktionshaus wäre bereit, für den Werbegag eine Millionen-Gage hinzublättern). Für kleine, unbekannte Bands könnten sich freilich zusätzliche Chancen ergeben.

Der Erfolg von Ebay – behaupten jedenfalls Kenner – beruhe schließlich nicht immer auf der hohen Qualität des Angebots, sondern auf dem Spaß der Teilnehmer am Bieterwettbewerb. Das könnten also noch spannende Zeiten werden, wenn erst mal der Metal untern Hammer kommt. GUNNAR LEUE