Lauter Problem-Zahnärzte

PATIENTENRECHTE In ihrer Jahresbilanz stellt die Unabhängige Patientenberatung fest, dass vor allem nach dem Dentisten-Besuch besonderer Beratungsbedarf besteht

„Bei Behandlungsfehlern wird nach wie vor gemauert, die Patientenakten nicht herausgerückt.“

von Eiken Bruhn

Die meisten Probleme bereiten Zahnärzte – zu diesem Ergebnis kommt die Bremer Niederlassung der Unabhängigen Patientenberatung Deutschland (UPD). 42 Prozent aller bei ihnen eingehenden Beschwerden hätten mit Zahnärzten zu tun, sagte Beraterin Sabine Düver bei der Vorstellung des Jahresberichts für 2008. „Dabei gibt es im Verhältnis zu anderen Ärztegruppen gar nicht so viele.“ Häufig hätten die Konflikte mit intransparenten Behandlungsplänen zu tun und explodierenden Kosten. Der Expertinnentipp: „Immer zusätzlich das Labor um einen Kostenvoranschlag bitten.“

Besonders problematisch sei wegen der vielen privaten Leistungen der Wechsel zu einem anderen Zahnarzt, weil der Patient dann erneut die Kosten tragen muss. Deshalb, so Düver, würden nur wenige eine Behandlung abbrechen und ließen weiter an sich „herumdoktern“: „Wir hatten einen Mann in der Beratung, der hatte seinen Arzt 90 Mal nachbessern lassen.“

Auch mit anderen Ärztegruppen gibt es nach Auskunft von Düver regelmäßig Streit um das Finanzielle: Neben Zahnärzten würden vor allem Gynäkologen, Augenärzte, Orthopäden und neuerdings Hautärzte ihre Patienten mit den privat zu tragenden so genannten Individuellen Gesundheitsleistungen (IGeL) verunsichern. „Das heißt dann immer, ‚die Kassen zahlen das nicht, aber wollen Sie denn nichts für Ihre Gesundheit tun?‘“, ärgert sich Düvers Kollegin Edeltraud Paul-Bauer, die sich seit 30 Jahren über den Gesundheitsladen Bremen für Patientenrechte einsetzt.

Während das „IGeL-Thema“ relativ neu sei, hätte sich am Verhältnis Arzt-Patient wenig geändert. „Man befindet sich immer noch nicht auf einer Augenhöhe“, sagt sie. Als Beispiel nennt sie die mangelnde Bereitschaft vieler Ärzte, Fehler einzugestehen und ihre Leistungen messen zu lassen. „Bei Behandlungsfehlern wird nach wie vor gemauert, die Patientenakten nicht herausgerückt.“ Deshalb setzt sie sich für ein Patientengesetz ein und versucht die Bremer SPD für das Thema zu erwärmen – von der sie sich außerdem eine Patientenbeauftragte wünscht.

Im Gegensatz zu der anderen Bremer Einrichtung, die sich ebenfalls „Unabhängige Patientenberatung“ nennt und unter anderem von der Ärztekammer getragen wird, können sich Düver, Paul-Bauer und die anderen beiden UPD-Berater mit politischen Forderungen aus dem Fenster lehnen. Neben der Beratung führen sie ehrenamtlich die Lobby-Arbeit weiter – auch auf Bundesebene.

Auf dem Wunschzettel steht ganz oben: Ein Qualitätsmanagement für niedergelassene Ärzte. Während es im Klinikbereich erste Ansätze gebe, passiere im ambulanten Bereich gar nichts, kritisiert Paul-Bauer. „In der Industrie hat man die Möglichkeit, Leistungen zu vergleichen und sich dann für das beste Angebot zu entscheiden – warum geht das im Gesundheitswesen nicht?“

Schließlich gehe es dabei nicht um schwarze Listen, sondern um die optimale Behandlung. Heutzutage würden nämlich, anders als früher, viele Menschen wissen wollen, an wen sie sich mit einem spezifischen Problem wenden können – und möchten über die Art der Behandlung mitentscheiden. Doch Paul-Bauer nimmt nicht nur die Ärzte ins Gebet. „Patienten haben oft zu hohe Erwartungen, ein Arzt kann nur sein Bestes versuchen und keine Heilung versprechen.“ Was ihnen aber auch von vielen Ärzten suggeriert würde.

Die Finanzierung der 22 deutschen Beratungsstellen ist über das bundesweite Modellvorhaben noch bis 2010 gesichert. Darunter läuft auch ein Teilprojekt in Bremen und Ludwigshafen zur besseren Einbindung sozial Benachteiligter in die Beratungsstrukturen. „Zu uns kommen ja vor allem Leute, die sich schon recht gut im Gesundheitswesen auskennen und noch eine weitere Meinung wollen“, so Düver.

UPD Beratungsstelle Bremen-Nordniedersachsen: ☎699 18 61. Dort erhältlich: Die neue Broschüre „Patientenrechte – Ärztepflichten“