LESERINNENBRIEFE
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■ betr.: Wirtschaftspolitik der Bundesregierung

Subventionierte Misswirtschaft

Es ist schon bemerkenswert. Da beschließt unsere Bundesregierung einen sogenannten Bankenrettungsfonds in Rekordhöhe von 480 Milliarden Euro, um Banken zu retten, die von verantwortungslosen, profitgierigen Bankern durch Vorgeben falscher Zahlen und fiktiver Wertsteigerungen in den Ruin getrieben wurden. Handel mit hochspekulativen Wertpapieren, um mit kurzfristigen Gewinnen bei der nächsten Aktionärsversammlung werben zu können. Werben? Für was werben? Für Langfristigkeit, für den zukünftigen Erhalt von Arbeitsplätzen oder ist es doch Werbung in eigener Sache, um peinlich hohe Boni-Zahlungen einzustreichen? Boni-Zahlungen, die dann, nachdem der Steuerzahler in die Bresche springen muss, vor dem nächsten Arbeitsgericht ohne Scham eingeklagt werden, wie jüngst durch den ehemaligen Vorstandsvorsitzenden der Hypo Real Estate, Georg Funke. Gerechtigkeit und persönliche Haftung, Fehlanzeige. Getrost dem Motto „Am Ende zahlt ohnehin der Staat“. Nur allzu verständlich, dass manchenorts schon von subventionierter Misswirtschaft die Rede ist.

Doch was soll der Fonds erreichen? Da war doch noch mehr als nur die Sicherung der lebenslangen Pensionen unfähiger Banker und Politiker in den Kontrollgremien. Ja richtig, die Garantierung der Liquidität unter Banken und dem Mittelstand, dem Motor der Konjunktur. Zusammen mit der drastischen Zinssenkung der Europäischen Zentralbank sollte der Geldfluss wieder zum Sprudeln gebracht werden. Leider sieht die Realität anders aus. Die gefühlte Kreditklemme hat sich seit der Krise laut Wirtschaftswoche von März (5 Prozent) auf im Juni 57 Prozent erhöht. Auch wird der niedrige Kreditzins nicht an Privatpersonen weitergegeben, ganz in Kontrast zum Habenzins. Also wird auch hier noch nach mitverschuldeter Finanzkrise weiter versucht, Profit zu machen. Ist das Prinzip Eigenverantwortung und Selbstregulierung also gescheitert? Moral, ein Fremdwort im Munde der modernen Gesellschaft. MANUEL SCHOPF, Langenargen

■ betr.: „Pirat Nummer 2.397“ von Wolf Schmidt, taz vom 6. 7. 09

„Meine Ehe ist nicht gefährdet“

In Ihrem interessanten Artikel haben Sie – journalistisch sicher korrekt – ihre subjektive Einschätzung der Situation zum „Thema Tauss“ zum Ausdruck gebracht. Ich hätte mir allerdings gewünscht, dass Sie vor einer Kommentierung meines Verhaltens als Ehefrau am besten wohl bei mir selbst den Sachverhalt abgefragt hätten. Ich bin weder zu Hause geblieben noch habe ich mich versteckt, wie Sie offensichtlich suggerieren wollen. Ich stand wie bei jedem Fest unseres Heimat- und Museumsvereins mit anderen Personen als Hilfe in der Spülküche und habe dies auch schon zu Zeiten getan, als ich noch nicht die Ehefrau des Bundestagsabgeordneten war, gegen den wegen des Besitzes von Kinderpornografie ermittelt wird. Meine Ehe ist auch nach 33 Jahren weder gefährdet noch am Ende. Sie hat eine neue Chance bekommen, sich zu bewähren. Ich habe es aber einfach satt, in Zusammenhang mit meinem Mann über mich Dinge zu lesen und zu hören, die falsch sind. Was in einer Zeitung steht oder in anderen Medien gesendet wird, ist für viele Menschen meist wahr. Der daraus folgenden Verantwortung sollte sich gerade die taz und ein taz-Journalist immer bewusst sein. IRMGARD TAUSS

■ betr.: Staatsanwaltschaft prüft islamfeindlichen Hintergrund“,taz vom 7. 7. 09

Bitte um Aufklärung

Schlimm genug, wenn ein deutscher (ist russlanddeutsch etwas Besonderes?) Mann so oft auf eine Zeugin einstechen kann, bis jemand zu Hilfe kommt. Und dann hält ein Bundespolizist den helfenden Ehemann für den Täter! Wieso werden die Gründe dafür nicht geklärt? Weil ein deutscher Beamter automatisch den dunkelhäutigeren Ausländer für den Täter halten muss? Wann werden solche Reaktionen mal aufgeklärt und die Ergebnisse veröffentlicht? MARGRIT WOLTER, Hannover

■ betr.: „Merkels Treueversprechen“ u.a.,taz vom 7. 7. 09

Militarisierung der Gesellschaft

Die Militarisierung der Gesellschaft geht voran! Nach dem Ersten Weltkrieg kehrte man in Deutschland bekanntlich sehr schnell zu dieser „Normalität“ zurück, nach dem Zweiten Weltkrieg dauerte es länger als ein halbes Jahrhundert, weil die alliierten Siegermächte „den deutschen Militarismus und Nazismus ausrotten“ wollten. Und außerdem gab es ja die jungen, über Nacht zu Demokraten mutierten Spitzenpolitiker, die nun verkündeten, dass jedem Deutschen, der je wieder ein Gewehr in die Hand nähme, diese abfaulen solle. Aber nun ist es endlich wieder so weit: Kanzlerin Angela Merkel und Verteidigungsminister Franz Josef Jung verliehen erstmals wieder Tapferkeitsorden an deutsche Soldaten.

Bleibt die Hoffnung, dass man sich bald auch wieder an Kurt Tucholsky und an seine zeitlos richtige Forderung erinnern wird: „Seid nicht stolz auf Orden und Geklunker! Werft die Fahnen fort! Die Militärkapellen spielen auf zu eurem Todestanz.“ ERHARD JÖST, Heilbronn