Kabale in Wandsbek

Machtkampf in der CDU: Neuer Fraktionschef Graage setzt schwangere Geschäftsführerin und Bürgerschaftsabgeordnete Hochheim vor die Tür

„Hochheim wie eine Eierdiebin aus der Geschäftsstelle gebeamt“

Von Gernot Knödler

Der CDU-interne Machtkampf im Bezirk Wandsbek wird mit größerer Schärfe ausgetragen, als zunächst erkennbar war. Wie gestern bekannt wurde, hat der neue Fraktionschef Eckard Graage als eine seiner ersten Amtshandlungen Fraktionsgeschäftsführerin Natalie Hochheim von ihrer Arbeit freigestellt und ihr verboten, die Geschäftsstelle zu betreten. Die lapidare Begründung: „Es muss zunächst Ihr arbeitsrechtlicher Status überprüft werden.“ Die CDU-Bürgerschaftsabgeordnete scheint Opfer einer Gewichtsverlagerung in der Fraktionsspitze zugunsten des Ortsverbands Rahlstedt geworden zu sein.

Einen Tag nach seiner Wahl hatte Graage die Geschäftsführerin zu einem Gespräch gebeten, in dem er ihr nahe legte, einen Aufhebungsvertrag zu unterzeichnen. Hochheim, im fünften Monat schwanger, berichtet aus dem Gespräch, „dass mir seitens des neu gewählten Fraktionsvorsitzenden nachdrücklich gespiegelt wurde, dass, sofern ich nicht auf meinen Mutterschutz verzichte, dies in der Partei sehr negative Folgen haben werde“. Sie lehnte ab und erhielt ein dreizeiliges Schreiben, mit dem sie „bis auf Widerruf mit sofortiger Wirkung“ freigestellt wurde.

Hochheims Anwalt Jörg Hamann, selbst CDU-Bürgerschaftsabgeordneter aus dem Bezirk Mitte, bezeichnete Graages Blitzaktion als „höchst ungewöhnlich“. Der arbeitsrechtliche Status, den Graage überprüfen will, sei „vollkommen eindeutig“. Ein Hinweis auf den Bericht des Rechungshofes, der die Beschäftigung von Abgeordneten durch ihre Fraktionen problematisierte, gehe in die Irre. Hochheim sei ja Bürgerschafts- und nicht Bezirksabgeordnete und somit als Mitarbeiterin der Bezirksfraktion nicht ihre eigene Angestellte.

„Wenn jemand, der selber stark politisch aktiv ist, einen Job in der Fraktion annimmt, ist das nicht unproblematisch“, findet der Bezirksabgeordnete Michael Bruhns. Es sei dem Fraktionschef nicht zu verdenken, wenn er sich seine Mitarbeiter selbst aussuche. Hochheim sei schließlich auf Wunsch des alten Fraktionschefs Christian Stoffer Geschäftsführerin geworden.

„Klar ist, dass es bei uns in der Fraktion einen Machtkampf gegeben hat“, sagte Bruhns. Weil die Fraktion nicht mehr voll hinter ihnen stand, traten die beiden Vorstände aus dem Ortsverband Wandsbek, Stoffer und Timo Stehn, nicht zur Wiederwahl an. Lediglich Wolfgang Eggers aus Rahlstedt gehört auch dem neuen Vorstand wieder an. Stoffer hatte nach eigenen Worten keine Lust, sich von dem Rahlstedter Bezirksfürsten Karl-Heinz Warnholz „am Nasenring durch die Gegend schleifen zu lassen“.

Es sei augenfällig gewesen, dass Wandsbek versuchte, den Kreisverband zu dominieren, findet Bruhns und verweist auf das starke Profil von Wandsbeker Bürgerschaftsabgeordneten wie Hochheim und Ralf Niedmers. Er könne sich allenfalls vorstellen, dass die gute Selbstvermarktung Hochheims als Dominanz Wandsbeks empfunden sein worden könne, sagte Stoffer.

Mit Kommentaren zu seinem Rückzug habe er sich zunächst zurückhalten wollen. Dass Graage Hochheim „wie eine Eierdiebin aus der Geschäftsstelle gebeamt“ habe, habe das Fass jedoch zum Überlaufen gebracht. Eine neue Geschäftsführerin zu suchen, sei legitim für einen neuen Fraktionsvorsitzenden, sagte Stoffer. Graages Vorgehen jedoch sei „abenteuerlich und schäbig“. Stoffers ehemaliger Vorstandskollege Stehn wirft Graage einen Amoklauf vor. Zusammen mit Parteifreunden hat er beantragt, die Freistellung bei der nächsten Fraktionssitzung am 4. April zu diskutieren. Warnholz weilt im Urlaub, Graage war nicht zu erreichen.