Grünes Licht für Rudi Dutschke

Initiative für Rudi-Dutschke-Straße nimmt erste Hürde im Ausschuss für Kultur und Bildung des Bezirks Friedrichshain-Kreuzberg – dank der Grünen. Der Ausschuss empfiehlt Umbenennung der Kochstraße

von Waltraud Schwab

Die Dutschkestraße ist in greifbare Nähe gerückt. Denn überraschend verteilten Grüne und PDSler am Mittwochabend im Ausschuss für Kultur und Bildung einen Zettel unter den Mitgliedern, auf dem stand: „Der Ausschuss spricht sich mehrheitlich für eine Umbenennung der Kochstraße zwischen Lindenstraße und Friedrichstraße aus.“

Zu dieser Empfehlung kam es, nachdem die PDS Ende 2004, anlässlich des 25. Todestages von Rudi Dutschke, eine Initiative der taz aufgegriffen und in die Bezirksverodnetenversammlung (BVV) eingebracht hatte. Das taz-Verlagshaus in der Kochstraße ist bereits nach Rudi Dutschke benannt.

Dass sich die Grünen des Bezirks Friedrichshain-Kreuzberg zu diesem Schritt durchringen würden, damit hatten die anderen anwesenden Fraktionen von CDU und SPD nicht gerechnet. Am Ende wurde der Satz sogar mit Zustimmung der SPD beschlossen und als Empfehlung an den federführenden Haushaltsausschuss des Bezirks weitergeleitet. Angefügt wurde noch, dass eine endgültige Entscheidung erst nach einer öffentlichen Informationsveranstaltung getroffen werden solle.

Bisher konnten sich die ablehnenden Fraktionen von SPD, CDU und FDP darauf verlassen, dass die Grünen intern über die Umbenennung der prominenten Straße zerstritten waren. Ein vor 14 Jahren in der BVV durchgebrachter Antrag sieht vor, dass Männer in den Genuss eines Straßennamens erst gelangen können, wenn im bezirklichen Straßennamenverzeichnis die Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau erreicht ist. Die Frauen der Grünen hatten den Antrag 1991 gegen die CDU eingebracht – sie wollten ihn auch für Dutschke nicht unterlaufen.

Ihre Meinung änderten sie erst, nachdem der damalige Bezirksbeschluss aus den Archiven geholt worden war: Denn er lässt Ausnahmen durchaus zu. Das war vorher übersehen worden. Dass Dutschke ein Ausnahmefall ist, darauf können sich nun – trotz Tomatenwurfs – auch die Frauen der Grünen verständigen. Tun sie dies ebenso bei der endgültigen Abstimmung in der BVV, hätten PDS und Grüne – vorausgesetzt alle sind anwesend – eine Mehrheit von fünf Stimmen.

Mit dem Rücken zur Wand führte die CDU am Mittwoch noch einmal geballte Polemik ins Feld. Dutschke – ein Heuchler! Im Osten habe er auf Pazifist gemacht, im Westen habe er die Stadtguerilla aufgebaut, meinte Joachim Kohl. Konservative wie er haben die Gedenktafelkommission des Bezirks auf ihrer Seite. Kochstraße sei Synonym für das alte Zeitungsviertel Berlins.

Dies stimmt nur halb. Das weiß, wer sich an den Abriss der Jerusalemkirche 1964 erinnert. Dieser machte nicht nur den Neubau des Springer Verlagshauses, sondern auch die Kochstraße in der heutigen Form erst möglich. „Die Kochstraße ist nicht die Fleetstreet“, widersprach deshalb Kathrin Schlieter von den Grünen. Sie verwies auf die Empfehlung, ohnehin nur das Teilstück zwischen Friedrichstraße und Lindenstraße umzubenennen. Die SPD wiederum kaprizierte sich plötzlich auf die mögliche Einbeziehung der AnwohnerInnen bei der Umbenennung. Ihnen schwebe, so Herrmann Minz (SPD), ein irgendwie gearteter Bürgerentscheid vor. Wie dieser aussehen solle und welche BürgerInnen überhaupt entscheidungsbefugt seien, konnte allerdings niemand präzisieren. „Wir müssen uns die Argumente der BewohnerInnen anhören“, argumentierte deshalb Riza Baran, BVV-Vorsitzender und Mitglied der Grünen, „wir wären schlechte Politiker, wenn wir dies nicht täten.“ Wie es nun weitergeht? Bleiben die Grünen bei ihrer Meinung, werde es die Lex Rudi Dutschke geben, meint Lothar Schüßler, BVV-Abgeordneter der PDS und bekennender Dutschke-Fan.