WOLFOWITZ AN DER SPITZE DER WELTBANK IST EIN GEZIELTER AFFRONT
: Die zwei Zungen des George W. Bush

Ob es nun eine reine Entsorgung war, weil für den Vizeverteidigungsminister Paul Wolfowitz einfach etwas Neues gefunden werden musste, oder ein geplanter Affront gegen die Europäer und die internationale Entwicklungs-Community: Die Nominierung des Irakkriegsarchitekten als neuen Weltbankchef schlägt ein wie eine Bombe. Wer noch bei der Ernennung John Boltons als neuem US-Botschafter bei den Vereinten Nationen an Zufall glaubte, muss spätestens jetzt merken, dass die Bush-Regierung im transatlantischen Verhältnis mit doppelter Zunge spricht: erst die Charme-Offensive – dann die Donnerschläge der Nominierungen zweier Persönlichkeiten, die wie kaum andere für jenen Zug der US-Außenpolitik stehen, die in Bushs erster Amtszeit den transatlantischen Konflikt überhaupt erst angeheizt hatten.

Bush verfährt mit den Europäern genauso wie mit der Opposition im eigenen Land: Man spricht von Neuanfang, Ausgleich und Zusammenarbeit, brüskiert dann mit polarisierenden Vorstößen und beschimpft alle als Obstruktionisten, die es wagen sollten, sich dagegen zu wehren. Nur: Wenn den schönen Worten von der neuen transatlantischen Partnerschaft irgendetwas folgen soll, dann müssen die Europäer ganz schnell klar machen, dass so ein neues Verhältnis nicht durch einseitiges Stillhalten zu beschreiben ist. Die Ablehnung von Wolfowitz durch die Weltbankgremien wäre ein erster Schritt, um die Verhältnisse geradezurücken. Selbst wenn die Gefahr besteht, dass das als einfache Revanche für das US-amerikanische Veto gegen den europäischen Vorschlag für den IWF-Vorsitz, Caio Koch-Weser, vor fünf Jahren gewertet würde. Aber so geht das eben unter Freunden.

Problematisch ist bei alledem allerdings, dass die Weltbank und ihre Ausrichtung eigentlich viel zu bedeutsam ist, insbesondere für die arme Mehrheit der Weltbevölkerung, um sie solch miesen Spielen auszusetzen. Auch deshalb ist Wolfowitz’ Nominierung ein Affront. „Unangemessen“ nannte Kofi Annans Beauftragter für die Millenniumsziele, Jeffrey Sachs, Bushs Auswahl. Das ist noch ziemlich diplomatisch. BERND PICKERT