Da freut sich die AG

Der „Jobgipfel“ dient in erster Linie den großen Unternehmen. Der Mittelstand bleibt trotz einiger Erleichterungen benachteiligt

BERLIN taz ■ Die Profiteure des so genannten Jobgipfels werden vor allem die großen Unternehmen sein. Die transnationalen Konzerne mit Sitz in Deutschland dürfen sich auf eine weitere Steuersenkung freuen. Die Körperschaftsteuer auf ihre Gewinne soll von 25 auf 19 Prozent sinken. „Das ist unser Vorschlag“, sagte Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) gestern während seiner Regierungserklärung im Bundestag. „Das hört sich gut an“, antwortete ihm Oppositionschefin Angela Merkel (CDU).

Schröder erklärte einschränkend, dass die Entlastung für die Unternehmen von etwa fünf Milliarden Euro andererseits wieder einkassiert werden soll – unter anderem bei den Aktionären. Die müssen mit einer höheren Belastung der an sie ausgeschütteten Gewinne rechnen. Außerdem will Rot-Grün die Mindeststeuer für Kapitalgesellschaften anheben und die gewinnmindernde Verrechnung von Verlusten reduzieren. Dadurch soll einerseits die im internationalen Vergleich hohe deutsche Körperschaftsteuer gesenkt, andererseits ein Verlust für den Fiskus vermieden werden. Die Union spielt bei der Entlastung, nicht aber bei der zusätzlichen Belastung der Konzerne mit. „Es muss der Wirtschaft in Deutschland nutzen“, sagte Merkel.

Geht es nach Rot-Grün, wird der Mittelstand weitaus weniger entlastet als große Unternehmen. Für die Personengesellschaften – etwa Firmen in Familienbesitz – hielt Schröder vor allem eine verbesserte Anrechnung der Gewerbesteuer auf die Einkommensteuer bereit. Vor allem Betriebe in kleineren Städten und auf dem Lande müssen dann keine Gewerbesteuer mehr zahlen. In den Großstädten mit ihrer hohen Gewerbesteuer kommen die Firmen aber nicht daran vorbei. Während der höchste Steuersatz für Kapitalgesellschaften nach rot-grünen Vorstellungen künftig bei rund 33 Prozent liegen soll, bleibt er für Personengesellschaften des Mittelstands bei rund 45 Prozent.

Schröder stellte in Aussicht, diese Differenz im Zuge einer großen Reform der Unternehmensteuern in den nächsten Jahren zu beheben. Obwohl Merkel morgens im Bundestag die Gleichbehandlung der Personengesellschaften zur Bedingung für gemeinsame Beschlüsse mit der Bundesregierung gemacht hatte, sagte sie abends, dass sie die rot-grünen Vorschläge auch zur Gewerbesteuer mittragen würde. Besonders die Senkung der Erbschaftssteuer bei Übergabe von kleinen Betrieben an die Nachfolger gefällt Merkel.

Eine Reihe weiterer Projekte, gegen die die Union nichts einzuwenden hat, summieren sich zu einem kleinen Konjunkturprogramm. Zwei Milliarden Euro sollen für neue Verkehrsinvestitionen bereitstehen. Schröder nannte neben der Bahnstrecke Hamburg–Lübeck vor allem den Aus- und Neubau von Autobahnen. Auf Wunsch der Grünen wird die Gebäudesanierung zur CO2-Vermeidung weitergehen. Innovativen Mittelstandsbetrieben winken zusätzliche Darlehen der Kreditanstalt für Wiederaufbau mit niedrigeren Zinsen. Die Gründung von GmbHs wird erleichtert, indem die Gründer weniger Stammkapital als bisher aufbringen müssen.

Zur Förderung Arbeitsloser nannte Schröder vor allem die schon bekannten Hartz-IV-Absichten: Alle Erwerbslosen unter 25 Jahren sollen ein Angebot bekommen. Als Verbesserung von Hartz IV sollen die Zuverdienstmöglichkeiten erweitert werden. Die Union trägt das mit.Neu ist ein 250-Millionen-Euro-Zuschuss, mit dem ältere Arbeitslose in 50 regionalen Beschäftigungspakten gefördert werden sollen. Außerdem soll befristete Beschäftigung erleichtert werden, indem man das Gesetz zur Verhinderung von „Kettenverträgen“ einschränkt.

Wie viele neue Arbeitsplätze der „Jobgipfel“ tatsächlich bringt, wird man erst in paar Jahren genau wissen. Auch die Belastungen für die öffentlichen Haushalte lassen sich nur schwer abschätzen. Vermutlich aber wird unter dem Strich ein Minus von vier bis fünf Milliarden Euro bleiben. HANNES KOCH

ULRIKE WINKELMANN