Eine Frage der Nerven

Vor etwa 15.000 Jahren „kam der Mensch auf den Hund“, erwarb er sich sein allererstes Haustier, indem er eine jungenwilden Wolf domestizierte, der seinerseits die Nähe zu Feuer, Lager und Essensresten gesucht hatte. Wölfe, auch wenn sie mit der Flasche aufgezogen wurden, haben nach der Geschlechtsreife keine Neigung mehr zur engen Freundschaft mit dem Menschen und es kann sehr gefährlich werden, ihnen nahe zu kommen, egal wie groß das Vertrauen vorher gewesen sein mag. Dass die Beziehung zwischen Mensch und Hund so eng werden konnte, liegt daran, dass beide ausgeprägt soziale Wesen sind. Dass der Hund sich normalerweise dem Menschen unterordnet, hat damit zu tun, dass er sein Leben lang eine Art Jugendlicher bleibt, der Halt bei einem Erwachsenen sucht.

Hunde sollten sich ihr Fressen verdienen. Das hält sie körperlich und geistig munter und bindet sie noch enger an den Menschen. Martin Rütter füttert seine Hunde draußen, unterwegs, so, als gingen sie auf die Jagd. Und er betont: „Ein Fastentag in der Woche ist nur gesund!“

Der berühmte Hundeforscher Eberhard Trummler riet einst, wenn denn Bestrafung nötig sei, den Hund am Nackenfell zu packen und zu schütteln. Später hat er das tausendmal widerrufen, weil ein so behandelter Hund nämlich glaubt, nun ginge es für ihn um Leben und Tod (in einem Wolfsrudel wäre genau das der Fall). Leider hat sich Trummlers Widerruf nicht so recht herumgesprochen, und viele Hundehalter packen zum Beispiel einen Welpen am Nackenfell und stoßen ihn mit der Schnauze in den von ihm angerichteten Dreck. Damit kann das Vertrauen für immer einen Knacks bekommen.

Hundemütter übrigens erziehen ihre Jungen zu achtzig Prozent durch schlichte Nichtbeachtung. Muss eine Zurechtweisung wirklich sein, dann geht das schnell und mit Nachdruck. Wenn ein Mensch seinen Hund zurechtweisen muss, dann sollte das ebenfalls schnell und mit Nachdruck geschehen. Ein fester Knuff, wenn er rempelt oder zum Beispiel ein Kind dominiert.

Erwarten Hundebesitzer ein Baby, dann sollten sie das Neugeborene auf keinen Fall gleich ihrem Hund unter die Nase halten. Der könnte sonst denken, das Baby sei seines … Der Hund muss begreifen, dass dieses Kind ihn erst mal gar nichts angeht. Das fällt ihm nicht schwer, denn in Hundefamilien ist es ganz unüblich, dass die Mutter jemand anders an die Welpen heranlässt, nicht mal den Hundevater. Aber natürlich ist eine spätere Freundschaft zwischen Kind und Hund sehr erwünscht. Übrigens sind Rottweiler „eigentlich“ die besten Kinderhunde, weil sie ein robustes Nervenkostüm haben und manch grobes Gebalge hinnehmen, wo ein empfindsamerer Hund in seiner Not vielleicht zuschnappen würde.

Derzeit ist Martin Rütter auf Tournee mit seinem Vortrag „Alltag mit Hund“ (Infos unter www.ruetter.info). In seinem „Zentrum für Menschen mit Hund“ in Erftstadt bei Köln gibt es Wochenendseminare zu allen erdenklichen Hundethemen, dazu Einzelsprechstunden und Gruppenkurse. Seit dem 31. März wird die Reihe „Eine Couch für alle Felle“ im RBB wiederholt, jeweils mittwochs um 21.30 Uhr CK