Heilendes Händchenhalten

Kinder im Krankenhaus: Die Kliniken bemühen sich zu ermöglichen, dass Eltern mit aufgenommen werden können. Seit Anfang des Jahres tragen die Kassen einen Teil der Unterbringungskosten

von Elke Spanner

Mit der Medizin allein ist es nicht getan. Zur Genesung gehört auch das seelische Wohlbefinden. Bei kleinen Patienten bedeutet das, dass sie auf die Anwesenheit und Unterstützung ihrer Eltern angewiesen sind – auch und gerade in einer fremden Umgebung, im Krankenhaus. „Eltern“, bringt es die Sprecherin des Landesbetriebes Krankenhäuser (LBK), Kathrin Herbst, auf den Punkt, „sind die wichtigsten Co-Therapeuten.“

Deshalb sind die Kliniken heutzutage bemüht, einem Elternteil zu ermöglichen, das Kind ins Krankenhaus zu begleiten und dort rund um die Uhr mit ihm zusammenzusein. Seit Anfang des Jahres unterstützen dies die Krankenkassen mit 45 Euro am Tag.

Früher gab es feste Besuchszeiten, mehr nicht

Viele heutige Mütter und Väter haben selber als Kinder im Krankenhaus noch ganz andere Erfahrungen gemacht. Früher gab es feste Besuchszeiten für die Eltern, mehr nicht. Die Kleinen mussten weitgehend alleine mit ihrer Angst zurechtkommen, in einer fremden Umgebung zu sein, von fremden Menschen behandelt zu werden – und natürlich auch Schmerzen zu ertragen. Dieses Trauma will man den Kindern heute ersparen.

„Grundsätzlich sollen so viele Eltern wie möglich bei ihren Kindern im Krankenhaus sein“, sagt Marion Schaft vom Universitätskrankenhaus Eppendorf (UKE). Auch der Pflegedirektor des Altonaer Kinderkrankenhauses (AKK), Robert Reimer, nennt das Ziel, „grundsätzlich allen Eltern die Aufnahme mit ihren Kindern zu ermöglichen, die das wünschen“. Im AKK beispielsweise waren in den vergangenen Tagen im Schnitt zwischen 120 und 150 Kinder untergebracht – und mit ihnen zwischen 53 und 60 Mütter.

Zumeist wird versucht, den Eltern ein zusätzliches Bett in das Zimmer zu stellen, in dem ihr Sohn oder ihre Tochter untergebracht ist. Ist das aus Platzgründen nicht möglich, halten viele Kliniken spezielle Räume für die Eltern vor: Im AKK beispielsweise gibt es fünf reine Elternzimmer auf der Säuglingsstation, und sind auch die bereits voll belegt, schlafen die Mütter (selten bleiben die Väter) im Schwesternwohnheim. Dort werden sie dann bei Bedarf von den Pflegern angerufen, etwa wenn das Kind weint oder ohne die Eltern nicht einschlafen kann.

Reine Elternzimmer hält auch die Kinderklinik im Klinikum Nord des LBK für die Mütter und Väter bereit, deren Sohn oder Tochter auf der Intensivstation liegt, wo das so genannte Rooming-In nicht möglich ist. Das UKE verfügt über ein externes Haus nahe dem Klinikgelände für Eltern, die nicht aus Hamburg kommen und deren Kinder sehr lange behandelt werden müssen. „Es ist für viele Eltern auch eine große Entlastung, wenn sie zwischendurch ein wenig Abstand vom Krankenhausalltag haben“, erläutert Schaft. Derartige Apartmenthäuser werden von der „Ronald McDonald-Stiftung“ in vielen deutschen Städten finanziert.

Ob die Eltern mit im Krankenhaus schlafen können, hängt allerdings auch vom Alter der kleinen Patienten ab. Im Klinikum Nord können grundsätzlich alle Eltern bleiben, deren Kind bis zu acht Jahre alt ist. Darüber hinaus wird laut Sprecherin Herbst „im Einzelfall“ von den Ärzten entschieden, ob die Anwesenheit von Mutter oder Vater auch über Nacht für das Kind wichtig ist. Im AKK liegt die Altersgrenze bei zwölf Jahren, aber wenn das Kind etwa schwerbehindert oder aus anderen Gründe besonders zuwendungsbedürftig ist, geht die Klinik laut Pflegedirektor Reimer „über diese Altersgrenze hinweg“.

Bei Pflege zu Hause besteht Anspruch auf Krankengeld

Bislang mussten die Eltern zumindest für ihre Verpflegung im Krankenhaus selbst aufkommen. Seit Januar zahlen die Krankenkassen den Satz von 45 Euro für Bett und Essen, wenn ärztlicherseits bestätigt wird, dass es medizinisch angezeigt ist, den kleinen Patienten nicht allein zu lassen.

Betreuen die Eltern ihr krankens Kind zu Hause, haben sie seit der Gesundheitsreform einen Anspruch auf Krankengeld, wenn sie wegen der Betreuung nicht zur Arbeit gehen können. Bis zu zehn Tage im Jahr (allein Erziehende 20 Tage) können sie der Arbeit fernbleiben – und rund 70 Prozent ihres Verdienstes von der Kasse bekommen, wenn ein Arzt ihnen bestätigt, dass ihre Betreuung für das Kind wichtig ist. Das gilt allerdings nur für die Pflege zu Hause. Ist das Kind hingegen im Krankenhaus, sind die Kassen zur Zahlung nicht verpflichtet.

Da müssen die Eltern im Einzelfall in Verhandlungen einsteigen. Die Techniker Krankenkasse (TK) beispielsweise finanziert den Verdienstausfall laut ihrem Sprecher John Hufert dann, wenn „der stationäre Aufenthalt des Kindes dadurch verkürzt wird, dass die Eltern bei ihm sind“. Denn unstrittig sei, so auch Hufert, „dass Kinder und Jugendliche schneller gesund werden, wenn sie von einem Familienmitglied begleitet werden“.