TECHNIK ÜBERHOLT POLITIK: DIGITALFUNK MACHT POLIZEI ZUR BUNDESSACHE
: Mehr als eine Föderalismus-Posse

Bis 2010 soll die Polizei so gut und sicher kommunizieren können wie Bürger, Banditen und Terroristen das jetzt schon tun. Das ist doch schön. Es lässt sich wirklich schwer etwas gegen die Digitalisierung des Polizeifunks einwenden. Deshalb aber erstaunt es umso mehr, dass Bund und Länder sich jahrelang darum streiten mussten und die Republik dank der Einigung es doch erst 2010 mit modern ausgerüsteten Polizisten und Feuerwehrleuten zu tun bekommen soll. Bislang hieß das Zieldatum Fußballweltmeisterschaft 2006.

Auch Innenminister Otto Schilys persönliche Agenda 2010 läuft wohl auf ein Verlustgeschäft für Rot-Grün hinaus. Denn dafür, dass er nun für die WM – und die Wahl – 2006 wenigstens das Signal setzen kann, dass beim Polizeifunk überhaupt etwas passiert, dürfte er einen hohen Preis bezahlt haben. Allzu ausdrücklich redet er nicht vom Geld. Beim desolaten Zustand der Regierung jedoch wird auch ein Schily gegenüber den Bundesländern keinen guten Schnitt bei dieser größten Sicherheitsinvestition seit Jahrzehnten gemacht haben. Nun kann es dem Bürger ja letztlich egal sein, ob die Feuerwehrfrau auf Bundes- oder Landeskosten funkt – wenn sie ihn nur aus dem brennenden Haus holt. Doch ist das Gezerre um Geld und Hoheit noch immer nicht zu Ende: Das Ausschreibungsverfahren verspricht wiederum ein großes Gerangel zu werden. Längst haben die Konzerne ihre politischen Truppen in den Ländern hinter sich gebracht. Aber einen Funk-Flickenteppich, verspricht Schily, soll es nicht geben.

Es handelt sich bei alldem nicht nur um die übliche, quälende Posse, in der die Länder immer das Geld, aber nie die Mitsprache des Bundes wollen. Denn es geht bei der Modernisierung des Polizeifunks auch um Kommunikationsbedingungen des 21. Jahrhunderts: Einheitliche, rundum kompatible und zentralisierbare Technik. Digitalisierung ist immer auch grenzüberschreitend. Bei allen guten Gründen, die für die Länderzuständigkeit für die Polizei sprechen – technisch ist der Föderalismus überholt. Das macht Föderalismus-Possen umso unerträglicher. ULRIKE WINKELMANN