berliner szenen Maske Normalmaß

Moby war in der Stadt

Leid tun ist wahrscheinlich der falsche Ausdruck. Der Kerl ist schließlich ein Superstar und dürfte bloß für seinen Berliner Auftritt mehr Geld kassieren, als andere Leute in einem halben Jahr verdienen. Da gibt es keinen Grund für Mitleid. Abgesehen davon ist Moby, der am Wochenende in der ausverkauften Universal Hall spielte, um sein neues Album „Hotel“ vorzustellen, ohnehin ein unangenehmer Knilch. Mit seiner Ich-bin-harmlos-ich-will-nur-spielen-Haltung, mit seiner Ich-mag-zwar-ein-Superstar-sein-ich-weiß-aber-auch-nicht-wie-ich-da-reingeraten-bin-Attitude, mit seiner ewig grinsenden Gutmenschenvisage. Auch dieses Wir-können-über-alles-reden-über-den-Kaffee-in-der-Hotellobby-oder-über-die-Bush-Regierung-übrigens-ich-bin-Demokrat, das einem aus jedem Interview entgegenschlägt, macht ihn nicht gerade angenehmer. Ökonomische Größe, die sich als menschliches Normalmaß verkleidet, ist doch immer verdächtig.

Leid tut er einem trotzdem. Denn auch wenn es manchmal anders erscheint: Wenn man ihn so auf der Bühne sieht, kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, dass er doch schlau genug ist, in einsamen Stunden schwer daran zu tragen, in seinem ganzen Leben noch keine einzige originelle musikalische Idee gehabt zu haben. Als drogenseliger Breakbeat-Horst brauchte er das auch noch nicht, da reichte es, die Twin-Peaks-Melodie über einen Beat zu kleistern und „Yeah“ drübersingen zu lassen. Aber sonst: Er spielt nur Tributstücke oder Coverversionen. Die arme Sängerin muss sogar die Samples nachsingen. Vier Minuten lang immer die gleichen: „I’m gonna find my baby before the sun goes down.“ Eine Weltkarriere, aufgebaut auf komplette Epigonalität. Er macht das Beste draus. TOBIAS RAPP